Straßenausbaubeiträge in der Beratung

Das Land Schleswig Holstein, oder besser, seine derzeitige „Jamaika“ Regierung hat die Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im Januar 2018 aufgehoben und die Entscheidung, ob Straßenausbaubeiträge erhoben werden, den Gemeinden übertragen.

Der Hauptausschuß hat am 10. September 2018 beschlossen, die Einführung „Wiederkehrender Beiträge“ als Alternative zu „Straßenausbaubeiträgen“ nach § 8 KAG zu prüfen. Diese Prüfung ist jetzt abgeschlossen. Das Ergebnis ist in einer Vorlage erläutert, die bereits jetzt im Internet einsehbar ist und am kommenden Montag im Hauptausschuß (1830, Soziales Dienstleistungszentrum) beraten werden soll.
https://www.sitzungsdienst-ploen.de/bi2/vo020.asp?VOLFDNR=2438
Die Kieler Nachrichten haben in ihrer Ausgabe vom 04. März darüber berichtet.

Insgesamt sind 4 Möglichkeiten denkbar:
1. Beibehaltung der „Straßenausbaubeiträge“
2. Einführung von „Wiederkehrenden Beiträgen“ bei Streichung der „Straßenausbaubeiträge“
3. Erhöhung der „Grundsteuer“ bei Streichung der „Straßenausbaubeiträge“
4. Streichung der Straßenausbaubeiträge ohne finanzielle Kompensation.

Im Einzelnen

1. Die Beibehaltung der Straßenausbaubeiträge würde an der jetzigen Situation nichts ändern. Die Hauseigentümer*innen müßten weiterhin für die Kosten der Straßen aufkommen, an denen ihre Immobilien liegen. Das ist jahrzehntelange Praxis. Straßenausbaubeiträge sind rechtssicher und „durchgeklagt“. Der bürokratische Aufwand ist gering.
Um Härten abzufedern, die durch eine hohe Einmalzahlung entstehen können, besteht die Möglichkeit, den Betrag über bis zu 20 Jahre hinweg zu stunden, also in Raten abzuzahlen.

2. Als Alternative wurden Wiederkehrende Beiträge geprüft. Auch hier müßten die Hauseigentümer*innen für die Kosten der Straßen aufkommen, an denen ihre Immobilien liegen.
Allerdings müßten „Abrechnungseinheiten“ gebildet werden. Hierbei werden zusammenhängende Siedlungsflächen erfaßt. Über einen 5-Jahresplan werden die zu erwartenden Kosten verteilt. Den Eigentümer*innen in jeder einzelnen Abrechnungseinheit werden jährlich Beitragsbescheide zugestellt, die jeder für sich angefochten werden können. Das ist mit einem deutllich erhöhten bürokratischen Aufwand verbunden, den die meisten Gemeinden, die diese Lösung eingeführt haben, nur mit externen Beratungsbüros bewältigen konnten. Da es zu wiederkehrenden Beiträgen kaum Gerichtsentscheidungen gibt, wäre mit einem erhöhten Aufkommen an Klagen zu rechnen, wobei dann über die ersten Jahre hinweg ein erhöhtes Prozessrisiko besteht. Die Möglichkeit der Stundung besteht nicht.

3. Die Erhöhung der Grundsteuer wäre eine weitere Möglichkeit, die Einnahmeausfälle auszugleichen, die durch einen Verzicht auf Straßenausbaubeiträge entstehen. In diesem Fall müßten die Eigentümer*innen zwar die Grundsteuer zahlen, allerdings können sie die Kosten als Vermieter*innen auf die Mieter umlegen, was bei realistischer Betrachtung flächendeckende Mietpreiserhöhungen zur Folge hätte. Darüber hinaus würde sich die Einnahmesituation der Stadt verbessern, was dazu führen wird, daß die Zahlungen der Kreisumlage sich erhöhen wird. Um die Kosten voll zu kompensieren, müßten deutlich höhere Steuern erhoben werden, als für den Straßenbau erforderlich.

4. Ein ersatzloser Verzicht auf Straßenausbaubeiträge würde bedeuten, daß die Stadt den Straßenbau im wesentlichen über Kredite finanzieren müßte. In den vergangenen 7 Jahren hat Plön ca. 2.7 Millionen für Straßenbau ausgegeben, also ca 385.000,– Euro pro Jahr. Bei einem Verzicht auf Straßenausbaubeiträge würde die Stadt ca. 76.000,– Euro pro Jahr vom Land für die Erfüllung dieser Aufgabe bekommen, also gerade einmal 20% der benötigten Mittel. 80% des Aufwandes wären über Kredite zu finanzieren.

Nach meiner Bewertung hat die Landesregierung den „Schwarzen Peter“ an die Gemeinden weitergereicht. Einige Gemeinden sind wirtschaftlich so gut gestellt, daß sie auf die Straßenausbaubeiträge verzichten können, andere können es nicht. Man könnte sagen, daß mit der Jamaika-Entscheidung der Wettbewerb zwischen den Gemeinden eröffnet wurde, man könnte aber auch sagen, daß man zum Teil unerfüllbare Erwartungen erweckt und Unfrieden gesät hat.

Ein Verzicht auf Ausbaubeiträge kommt aus meiner Sicht nicht in Frage, weil Plön als Fehlbedarfsgemeinde mit einer jährlichen Neuverschuldung sich das schlicht und einfach nicht leisten kann. Den ernst gemeinten Hinweis: „Wir sind so hoch verschuldet, da kommt es dann jetzt auch nicht mehr drauf an“ will ich nicht gelten lassen.

Die Erhöhung der Grundsteuer kommt für mich genau so wenig in Frage, da die erzielten Mehreinnahmen der Stadt in Teilen über die Kreisumlage wieder verloren gehen würden und Mieterhöhungen die unweigerliche Folge wären. Dies käme einer Kostenverlagerung von den Eigentümer*innen auf die Mieter*innen gleich, die ich vom Grundsatz her ablehne.
Ein immer wieder ins Feld geführtes Argument ist, daß die Eigentümer*innen an den Rand der wirtschaftlichen Existenz gedrängt werden. Das ist im Einzelfall so und ich kenne tatsächlich einen entsprechenden Fall. Allerdings gilt das auch für Mieter*innen, die keinen finanziellen Spielraum haben. Das gilt – und zwar in beiden Fällen – besonders für alleinstehende Witwen.

Das Instrument der Wiederkehrenden Beiträge ist nach meiner jetzigen Bewertung mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Der Gedanke, gleich mehrere 5-Jahres-Pläne aufzustellen, ist ernüchternd. Zudem ändern Wiederkehrende Beiträge nichts an der Situation, daß Eigentümer*innen die Kosten für den Straßenausbau zu übernehmen haben.
Vielmehr sind die Beiträge im Vorherein zu zahlen und können nicht über Jahre gestundet werden.
Wie Herr Michalla in seinem Kommentar in den KN zu dem Ergebnis kommt, Wiederkehrende Beiträge seien das gerechteste System, erschließt sich mir nicht.

Da ein völliger Verzicht auf Ausbaubeiträge in Plön nicht in Frage kommt, ist der Ansatz über Ausbaubeiträge nach wie vor der richtige Weg. Er unterscheidet sich vom Ergebnis her nicht von Wiederkehrenden Beiträgen. Zudem können die Beiträge über 20 Jahre zurückgezahlt werden und der bürokratische Aufwand ist am geringsten.

Die Landesregierung hat sich bei der Freigabe der Entscheidung darüber, ob eine Kommune Straßenausbaubeiträge erhebt oder nicht, sehr geschickt aus der Affäre gezogen. Bei einem Verbot von Ausbaubeiträgen hätte sie dafür sorgen müssen, daß auch die finanziell schlechter gestellten Kommunen mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet werden. Durch die Freigabe der Entscheidung hat sie den „Schwarzen Peter“ den Kommunen zugeschoben, die sich im Einzelfall einen Verzicht nicht leisten können. Bei deren Bürger*innen wurden Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden können.
Ich werde nach jetzigem Kenntnisstand dem Beschlußvorschlag der Verwaltung im wesentlichen folgen. Er besagt, die bisherige Regelung beibehalten werden soll. Allerdings kann ich mir vorstellen, erneut über das Thema zu beraten, wenn die neuen Regelungen zum Finanzausgleich eine vollständige Kostenkompensation für den Verzicht auf Straßenausbaubeiträge vorsehen. Ich bin gespannt, ob die Landesregierung dann eine Lösung schafft, die es auch finanzschwächeren Kommunen erlaubt, auf Ausbaubeiträge zu verzichten.

Ein Gedanke zu „Straßenausbaubeiträge in der Beratung

  1. Es ist nachvollziehbar, dass ein Ratsherr aus den Reihen der SPD sich auch mit den Grenzen der zumutbaren Belastbarkeit beschäftigt.
    Für viele Gutverdienende und gut auch vorsorglich mit Kapital ausgestattete Rentner sind das keine prioritären Daseinssorgen.
    Zunehmend leben in alten Häusern jedoch Nachfahren und Erben, die über nicht mehr als ihre Altersrente verfügen. Der Bevölkerungsanteil dieser Schicht ist nicht unerheblich und die finanzielle Beanspruchung für eine thermoenergetische Sanierung ist ebenfalls einzurechnen.
    Größere Einmalzahlungen für Ausbaubeiträge sind insofern per se problematisch, zumal nur die wenigsten damit gerechnet haben. Hypotheken oder Bankkredite gewähren die Kreditinstitute den “Alten” ungern.
    Eine Zahlungsstreckung über einen niedrig zu verzinsenden Kredit mit längerer Laufzeit könnte Abhilfe schaffen. Dieser wäre praktisch nur über die Kreditanstalt für Wiederaufbau zu leisten, weiter gereicht, abgerechnet und verwaltet über die Gemeinden und im Verkaufsfall über das Vorkaufsrecht einer Gemeinde abgesichert.
    Eine Forderung für den Straßenausbau müsste im Zeitrahmen der Lebensdauer einer Straße getilgt werden. Die KfW-Bank vergibt viele Kredite nach Zubrotmanier und im Sinne von Gießkanneneffekten, deren Zielsetzung durchaus nicht immer nachvollziebar ist oder diese Ziele von Anfang an verfehlt.
    Im skizzierten Ansatz wäre eine soziale Abfederung gewährleistet, die sich durch einen Bedüftigkeitsnachweis vernünftig beschränken ließe.
    Obwohl es der Ratsherr Buth vielleicht nicht gerne hört, Daniel Günther gab sich, als ich ihm vor mehr als einem Jahr den Ansatz schriftlich vortrug, geradezu begeistert und versprach, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen. Das war vor der Landtagswahl, der Versuch ihn nach der Wahl daran zu erinnern, blieb unbeantwortet

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