Derzeit besuche ich das Seminar “Die SPD, ihr neues Grundsatzprogramm und die Herausforderungen der Gegenwart.” Ein inhaltlich durchaus anspruchsvolles Weiterbildungsangebot, besonders der Abriß über die Geschichte der Sozialdemokratie war spannend und kenntnisreich vorgetragen. In dem Teil, in dem es um die Betrachtung der verschiedenen Programme, fiel mir folgendes auf: Vergleicht man die ersten Programe (Eisenacher Programm von 1869 oder das ErfurterProgramm von 1891) mit dem heutigen, so bemerkt man sofort, daß man von kurzen, klar und präzise formulierten Kernaussagen zu immer ausgefeilteren und differenzierten Aussagen gekommen ist. Diese sind nicht weniger falsch, aber schwerer lesbar, und daher mache hier den Versuch, die für mich wichtigen Kernaussagen zusammenzufassen.
Den Teil 1 – die Zeit, in der wir leben – übergehe ich, da ich davon ausgehe, daß jeder weiß, was Globalisierung ist und welche Auswirkungen sie auch auf unsere Gesellschaft hat.
Teil 2, Grundwerte und Überzeugungen.
Abgeleitet aus den Grundforderungen der französischen Revolution: “Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit” hat sich die Forderung nach:
Freiheit
Gerechtigkeit und
Solidarität
entwickelt.
Wie ist Freiheit zu verstehen?
Freiheit ist die Möglichkeit, selbstbestimmt zu leben. Sie ist auch die Freiheit von entwürdigender Abhängigkeit, Furcht und Not. Nur wer sich sozial ausreichend abgesichet fühlt, kann seine Freiheit nutzen.
Wie ist Gerechtigkeit zu verstehen?
Gerechtigkeit bedeutet gleiche Freiheit und gleiche Lebenschancen, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht. Sie gewährleistet den freien Zugang zu allen öffentlichenGütern, zu Bildung, öffentlicher und sozialer Sicherheit, Kultur, Arbeit, usw. Sie beinhaltet auch die gerechte Verteilung von Einkommen, Vermögen und Macht.
Wie ist Solidarität zu verstehen?
Solidarität bedeutet Verbundenheit, Zusammengehörigkeit und gegenseitige Hilfe, spontan und individuell, organisiert oder durch den Sozialstaat politisch verbürgt. Sie ist eine wesentliche Erfahrung aus der Arbeiterbewegung und wirkt auch heute noch identitätsstiftend.
Die Vision ist der demokratische Sozialismus, das Prinzip des Handelns ist die soziale Demokratie.
Kommentar: Der Begriff Demokratischer Sozialismus ist sicher durch die frühere SED Nachfolgepartei PDS diskreditiert und damit möglicherweise unglücklich gewählt. Vielleicht beinhaltet er für andere Leser auch eine Art Heilsversprechen und rückt damit in die Nähe der quasireligiösen Verklärung. Die Kritik am Hamburger Programm an diesem Begriff festzumachen, greift aber zu kurz, da später sehr viele sehr viel greifbarere Forderungen abgeleitet werden.
Darüber hinaus hat sich die Sozialdemokratie auch nie für einen Staatssozialismus Sowjetischer Prägung ingesetzt, sie ist zumindest seit 1891 staatstragend und wurde seit spätestens 1919 von den Kommunisten als Hauptgegner bekämpft. Nach wie vor spielt auch die Erinnerung an die unter Druck der UDSSR zustande gekommene Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED eine Rolle im kollektiven Gedächtnis der SPD.
In einem späteren Kapitel wird es noch heißen:
Die Unteilbarkeit und Universalität der Menschenrechte ist für uns nicht verhandelbar.
Mit diesem Satz, der mir besonders gefällt, schließe ich für heute. Ich hoffe, daß ich in Kürze die Zeit finden werde, die Zusammenfassung unter der Kategorie “Programm” fortzusetzen.