Wertschätzung als Totschlagargument in der politischen Diskussion, Beispiel Ratsversammlung

Wertschätzung ist auch so ein Modewort, dass ich in den Wortschatz des Bullshit-Bingo aufnehmen würde. Eigentlich ist es ein schönes Wort, gegen das man/frau nichts sagen kann. Genau darum kann es aber auch verwendet werden, um in der politischen Diskussion die  Arbeit der Verwaltung oder einzelner Personen in der Verwaltung vor Kritik zu schützen. In dem Fall ist es dann ist es ein vergiftetes Wort und wer sich dagegen wendet, bekommt schnell den“Schwarzen Peter“ zugeschoben. Weil es in der letzten Ratsversammlung genutzt wurde, gehe ich gehe das Risiko mal ein. 

Wer sich die letzten Vorlagen der Verwaltung durchliest wird feststellen, dass sie zum Teil durch Phrasen angereichert werden UND dass auch das Großbuchstabentourette Einzug in die Unterlagen der Verwaltung gehalten hat. Das mögen Stilfragen sein, die mir nicht gefallen, aber vor allem halte ich das für umprofessionell.
Hier kann der Eindruck entstehen: „Subjektivität vor Sachlichkeit“, aber Vorlagen zur Entscheidung haben nicht emotionell, sondern vor allem sachlich zu sein.

Richtig ärgere ich mich, wenn in der Sachdarstellng oder Bewertung Informationen ausgelassen werden oder Aussagen nun so gar nichts mit dem Thema zu tun haben.

Dazu zwei Beispiele.

1. In der Vorlage zur Ratsversammlung am 15. Dezember 2021 ging es um die Schaffung der Stelle für das Klimaanpassungsmanagement. Dort ist zu lesen, dass die globale Temperatur seit Beginn des industriellen Zeitalters um 1,2 Grad angestiegen ist. der durchschnittliche Anstieg für Deutschland wird mit 1,6 Grad angegeben. Nicht angegeben wird, dass der durchschnittliche Anstieg in Norddeutschland lediglich 0,4 Grad betrug. So zumindest ist es auf der Homepage des Umweltministeriums in Kiel zu lesen.
Durch die Auslassung erscheint die Lage dramatischer, als sie für und in der Region ist. Völlig unerwähnt bleibt, daß Schleswig Holstein zu den Gewinnerinnen des Klimawandels gehört. Die Folgen des Klimawandels werden uns eine längere Vegetationsperiode bescheren, was der Landwirtschaft zu gute kommt und sie werden uns eine längere Tourismussaison ermöglichen, was besonders für Plön von Bedeutung ist.
Global sieht es stellenweise viel dramatischer aus. Global gibt es sehr viele Verlieger. Akut sind ganze Inselgruppen vom Anstieg des Meeresspiegels in ihrer Existenz bedroht. Der Anstieg des Meeresspiegels wird auch Auswirkungen auf den Küstenschutz an Nord- und Ostsee hier bei uns in Schleswig Holstein haben. Allerdings geht es bei der neu zu schaffenden Stelle nicht um die Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassungen an Folgen des Klimawandels weltweit oder regional, sondern um konkrete Maßnahmen für Plön.

2. In den Sommerferien hatte die Stadt sich um Fördermittel aus dem Landesprogramm zur Förderung der Innenstadtentwicklung in den Stadt und Ortszentren beworben. Hier wurden zweckgebunden 353.500,- € für die Planung und die Umgestaltung des Marktplatzes bereitgestellt. Unser Ziel ist es, die Barrierefreiheit auf dem Marktplatz zu verbessern.
Neuerdings ist in den Vorlagen der Punkt: „Klimarelevanz und Begründung“ mit aufgenommen. Dort steht zu lesen: Keine Auswirkungen. „Eine Umstellung der Leuchtmittel am Marktplatz ist bereits erfolgt.“
Das ist nun völlig irrelevant. Eine bereits umgesetzte Maßnahme hat mit dem neuen Vorhaben zur Umgestaltung des Marktplatzes inhaltlich nichts zu tun.
Ehrlicherweise hätte dort im Bezug auf Klimarelevanz stehen müssen:
„Negative Auswirkungen. Durch die Bauarbeiten und die Beschaffung der Baumaterialien wird in erheblichem Maße CO2 freigesetzt. Diese Freisetzung ist nicht zu verhindern und wird in Kauf genommen, weil die Teilhabe von Menschen mit eingeschränkter Mobilität nach gründlicher Abwägung als höherrangiges Ziel anerkannt wurde.“ 

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