Am 15. November fand im Landtag auf Einladung unserer EU Abgeordneten Ulrike Rodust zum Thema Zukunft der der ländlichen Räume in Schleswig Holstein nach 2014“ statt.
Vorgetragen hat Frau Josefine Loriz-Hoffmann, Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission. Eigentlich hatte ich mir einen konzeptionellen Vortrag erwartet in dem die Grundzüge der langfristigen Entwicklung dargelegt werden. Tatsächlich ging es um den Stand der Arbeit bezüglich der Förderrichtlinien und –schwerpunkte für den bevorstehenden Förderzeitraum 2014 bis 2020. Das Thema war deutlich technokratischer als gedacht aber dabei nicht weniger interessant, weil auch für Plön relevant, denn unsere Stadt gehört mit unter 30000 Einwohnern zum ländlichen Raum.
Die EU-Förderung der Landwirtschaft basiert auf zwei sich ergänzenden Säulen. Die Säule eins umfasst die die direkten Zuschüsse für die Produktion. Diese Zuschüsse werden einkommensunabhängig an die Landwirte ausgeschüttet. Hier profitieren besonders die Großgrundbesitzer, u.a. auch das englische Königshaus, wie es vor einiger Zeit in der Presse berichtet wurde. Um es mit Louis de Funes zu sagen: „Je vieler desto mehr“. Oder auf deutsch, je größer der Betrieb, um so höher die Zuschüsse.
Diese Art der Förderung führt meiner Ansicht nach in eine falsche Richtung. Statt mittelständige, Bäuerliche Familienbetriebe und ökologischen Landbau zu fördern, werden landwirtschaftliche Großbetriebe und Mastanlagen begünstigt. Eine offenkundige Fehlentwicklung.
Die zweite Säule hat die Förderung des ländlichen Raumes zum Inhalt. Für die kommende Förderperiode werden derzeit die Rahmenbedingungen erarbeitet.
Zu den Förderschwerpunkten gehören:
– Wissenstransfer und Innovation
– Wettbewerbsfähigkeit
– Optimierung der Lebensmittelketten
– Förderung von Ökosystemen
– CO2 – armes Wirtschaften
– Struktur / Infrastruktur.
Die Förderrichtlinien werden im Detail in Partnerschaftsverträgen zwischen der EU und den einzelnen Nationen festgelegt. Die Details sollen vor Ort erarbeitet und in den Entscheidungsprozess eingebracht werden. Dieser Prozess läuft gerade an.
Das Wesen von EU – Zuschüssen ist, daß sie in der Regel nur gewährt werden, wenn sich auch andere öffentliche Stellen mit eigenen Mitteln im Rahmen der Kofinanzierung beteiligen. So wurden – soweit ich es verstanden habe – in der laufenden Förderperiode mit Mitteln in Höhe von 96 Milliarden insgesamt 231 Milliarden Euro „geschöpft“. Davon ausgenommen sind offenbar nur die direkten Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete.
Derzeit wird überlegt, ob Projekte zukünftig auch parallel aus mehreren EU – Fonds gefördert werden können. Problematisch ist auch, daß viele Gemeinden aufgrund ihrer knappen Finanzen nicht in der Lage sind, Ihren Anteil an der Kofinanzierung zu leisten. Hier wurde in der Diskussion die Frage gestellt, ob nicht auch Eigenleistungen – also Arbeit – als Finanzierungsanteil angerechnet werden können. Als weitere Option wurde in das Gespräch eingebracht, ob nicht auch private Investitionen in die Kofinanzierung eingebracht werden könnten.
Diese Vorschläge klingen auf den ersten Eindruck plausibel. Wenn man aber näher darüber nachdenkt, wird klar, daß sie ein erhebliches Missbrauchspotential beinhalten. Dabei geht es vorrangig nicht darum, ein paar Stunden mehr auf dem Arbeitszettel einzutragen, um den Eigenanteil zu erhöhen und damit auch die Förderung. Ich halte die Zuschüsse auf private Investitionen für besonders kritisch. Hier sehe ich die Gefahr, dass ansonsten dauerhaft unwirtschaftliche Projekte mit überwiegend privatem Interesse eingebracht werden, für die dann Subventionen mitgenommen werden.
Es wundert mich nicht, daß sich gerade der Vertreter des Bauernverbandes für diese Regelungen stark gemacht hat. Er hat sich auch dafür ausgesprochen, eine Kofinanzierung aus mehreren Fonds zu realisieren. Als sich aber ein Vertreter der Bürgerinitiative „Uns Bürgern stinkt‘s“, die sich in Stocksee gegen die Einrichtung von Massentierhaltungsbetrieben einsetzt, in seinem Redebeitrag kritisch zur überproportionalen Förderung der Großbetriebe in der Landwirtschaft über die Säule 1 und den negativen Folgen für die Umwelt äußerte und die Ansicht vertrat, die Säule 2 sei nur der Reperaturkasten gegen die schlimmsten Auswirkungen der Fehlentwicklung, bestand der Vertreter des Bauernverbandes darauf, sauber zwischen Säule 1 und Säule 2 zu trennen und sich hier nur auf die zweite Säule zu konzentrieren. Darüber hinaus entstand der Eindruck, daß er den Beitrag des Vertreters der Bürgerinitiative durch die zweimalige, abfällig wirkende Bezeichnung als Ko-Referat diskreditieren wollte, um eine inhaltliche Diskussion abzuwürgen. Ich muß anerkennend zugeben, daß es ihm gelungen ist, allerdings wirkten das Vorgehen und sein ganzes Auftreten ausgesprochen abstoßend auf mich. Das Bild rundete sich ab, als er nach Ende der Veranstaltung noch um Frau Rodust und Frau Loriz-Hoffmann herumschwänzelte. Aber so geht Lobby.
Leider verfestigte sich bei mir der Eindruck, daß die EU Agrar Förderung aus der Säule 1 zum Teil in die falsche Richtung geht und durch die Neuregelung für die Säule 2 durch mangelnde Kontrollierbarkeit ein Selbstbedienungsladen für Mitnahmeeffekte entsteht. Da Korrekturen offenbar nicht durchgesetzt werden können und am Widerstand einzelner Interessensträger scheitern, kann ich die Haltung der Bundesregierung verstehen, die Mittel für die EU Agrarförderung nicht weiter zu erhöhen.