Dienstag Abend habe ich an der Auftaktveranstaltung „Stadtgrün naturnah“ teilgenommen. “Stadtgrün naturnah“ ist eine Maßnahme, die dem Bundesprogramm „leben.natur.vielfalt“ abgeleitet ist und von dem Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ https://www.kommbio.de begleitet wird.
Im Rahmen der Sitzung wurde die Lokale Arbeitsgruppe gebildet.
Ziel der Aktion ist, die Artenvielfalt bei uns in Plön zu fördern.
Ich werde jetzt nicht im Detail aus der Sitzung berichten, da sie vom Charakter her nicht-öffentlich war, obwohl dort nichts besprochen wurde, was in irgend einer Weise nicht-öffentlichen Charakter hat. Dennoch gehe ich eher auf Punkte ein, die ich schon früher hier im Blog oder in Gesprächen thematisiert habe.
Neben Mitgliedern der Verwaltung, der Fraktionen, des Jugendrates war auch der NABU und die Initiative Schönes Plön vertreten. Bei der Sitzung ging es darum, den Ablauf des Verfahrens zu erläutern und den Zeitplan festzulegen.
Darüber hinaus wurden Ideen gesammelt.
Zu Ideensammlungen habe ich meine eigene Meinung.
So eine Ideensammlung ist sehr hilfreich, aber sie weckt nach meiner Erfahrung häufig auch Erwartungen, die nicht erfüllt werden können, weil sie nicht finanzierbar sind. Luftschlösser und Hirngespinste finden hier ein Habitat, bisweilen ist es schwer, sie auszusortieren.
Manche Maßnahme ist sicher und relativ einfach „mit Bordmitteln“ zu realisieren, etwa durch den Bauhof. Einiges wird gefördert, zum Teil mit beachtlichen Förderquoten.
Der bloße Hinweis „da gibt es Fördermittel“ ist schön, hilfreicher wäre aber, wenn die Fördergeber und Förderquoten konkret benannt werden könnten. Weil es sich nach meiner ersten Einschätzung bei den Maßnahmen um freiwillige Leistungen der Stadt handelt, besteht die Gefahr, dass die Ausgaben von den Fehlbedarfszuweisungen abgezogen werden.
Was die Finanzen angeht, da wachsen die Bäume bei uns nun mal nicht in den Himmel, leider.
Soviel zum Thema „Essig in den Wein“.
Ich bin schon immer ein Freund davon gewesen, „mehr Wildnis zu wagen“. (Dazu die wunderschöne Broschüre des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, die ich nur empfehlen kann: https://www.umweltdaten.landsh.de/nuis/upool/gesamt/naturschutz/mehrwildniswagen.pdf
Plön liegt mitten in Seen und Wäldern. Wir haben unter anderem im Schlosspark und im Königsgehege beeindruckende, in ihrer Form fast einmalige Buchenwälder, wir haben in manchen Bereichen noch relativ ursprüngliche Seeufer und schwer zugängliche Bruchwälder. Seeadler kreisen über unseren Köpfen und mittlerweile sollen sogar Kraniche im Stadtgebiet gesehen worden sein. Vermutlich gibt es nur wenige Städte in Deutschland, die innerhalb ihrer Stadtgrenzen so viel wilde Natur zu bieten haben, die nicht „stadttypisch“ ist. Dennoch gibt es viele und wohl auch seltene aber unerwähnte und und vielfach den Einwohner*innen unbekannte Tierarten, die in der Stadt ihren Lebensraum haben und deren Lebensräume man verbessern kann.
Problematisch ist nach meiner Beobachtung aber der Nutzungsdruck, den Einheimische und Tourist*innen auf die wilde Natur ausüben. Wenn man sich einmal ansieht, wie viele Hunde umangeleint durch den Wald laufen oder wie viele Trampelpfade durch den Wald entstanden sind (z.B. im Stadtwäldchen am Großen Plöner See oder im Stiftungswald in Stadtheide), dann kann man erkennen, dass diese Flächen Tieren und Pflanzen nur noch eingeschränkt Rückzugsmöglichkeiten bieten. Auch die für Wassersportler gesperrten Flächen des Naturschutzgebietes im Großen Plöner See werden häufig befahren. Die Vorgabe, 50 Meter Abstand zum Ufer zu halten – wird auch nicht immer eingehalten und öfters sieht man Naturfreund*innen auf den Inseln oder am Ufer rasten oder sogar campieren.
Bei der Werbeanlagensatzung hatten wir ein Durchsetzungsdefizit, wie es mein Kollege Bernd Möller es zutreffend genannt hat. Im Bereich Naturschutz haben wir es noch immer.
Aber Kontrolle und Durchsetzung von Schutzmaßnahmen gehört ja nicht zu unserer touristischen „Willkommenskultur“, diese ironische und zugegebenermaßen etwas unsachliche Anmerkung erlaube ich mir mal.
Neben der Erhaltung von Biotopen gilt es bei dem Programm aber vorrangig darum, vorhandene Flächen im Sinne der biologischen Vielfalt aufzuwerten. Die zunehmende Versiegelung durch Bebauung ist ein Problem. Auch der „schöne“ Garten ist nicht unbedingt ein naturnaher Garten, der die Artenvielfalt fördert.
„Schönheit ist ein ganz subjektiver Begriff, sie liegt im Auge der Betrachterin/des Betrachters.
Mähroboter sind ebensowenig ein Beitrag zur Artenvielfalt wie Schottergärten oder „gepflegte“ Rasenflächen. Kirschlorbeer ist zwar schon grün, aber im Hinblick auf die Artenvielfalt eher ein GAU.
Maulwürfe scheinen für einige der „Staatsfeind Nummer Eins“ zu sein, wo auch schon mal zu (verbotenen) Gegenmaßnahmen gegriffen wird. Zu Laubbläser*innen will ich mich nicht weiter äußern.
Die Fußgängerzone und der Marktplatz sind gepflastert, auch wenn auf dem Marktplatz sehr schöne, große Bäume stehen. In der Tat wäre hier etwas mehr Stadtgrün wünschenswert. Es könnte zu einem noch freundlicheren Stadtbild führen und auch von touristischer Bedeutung sein. Dazu hate ich schon einmal Blumenampeln an den Laternen vorgeschlagen. Dem ist man leider seinerzeit nicht gefolgt, weil der Aufwand für die Pflege und das wässern zu groß ist.
Der Lebensraum für Stadtvögel wie Schwalben oder Mauersegler wird durch Neubauten und Renovierungen reduziert. Wenn ich mich über den Specht freue, der an meinem abgestorbenen Baumstamm hackt, ist das schön. Nicht so sehr freue ich mich, wenn er das Insektenhotel ausräubert, aber so ist das in der Natur, fressen und gefressen werden. Verstehen kann ich die Hauseigentümer, die sich nicht freuen, wenn der Specht seine Bruthöhle in der neu aufgebrachten Wärmeisolierung baut. Immer wieder gibt es das Spannungsfeld Mensch-Natur, so zum Beispiel auch bei Krähenkolonien im Stadtgebiet. Dennoch gibt es hier sicher Wege, nicht nur Insekten zu schützen, sondern auch die Lebensbedingungen für Vögel und Fledermäuse zu verbessern.
Vor einigen Jahren war ich auf der Bundesgartenschau in Koblenz. Dort habe ich gelernt, dass Friedhofsgärtnerei eine sehr spannende Sache sein kann, da Friedhöfe durchaus große, zusammenhängende innerstädtische Grünflächen sind und deren Gestaltung viel Spielraum bietet. Vor allem aber habe ich von dort mitgenommen, dass man in die Höhe gehen kann, wenn die Breite begrenzt ist. Dort wurden Außenwandbegrünungen vorgestellt. Das sind mehr oder weniger senkrecht übereinander gestapelte Blumenkästen, die mit ausreichend Abstand vor Gebäudewänden angebracht werden. Nachfolgend ein Beispiel, wie so etwas aussehen kann.
https://www.hydro-profi-line.com/wp-content/uploads/2022/01/Funktionsskizze-Wandbegruenungsmodule-vor-Klimaanlagen-1024×576.jpg (als Quellenangabe).
Die auf der Sitzung gesammelten Ideen wurden im Hinblick auf die Bewertungskriterien des Programms „Stadtgrün naturnah“ geordnet. Die Kriterien sind unterschiedlich gewichtet; Grünflächenunterhaltung zählt bei der Bewertung mit 65%, Interaktion/Öffentlichkeitsarbeit mit 20% und Zielsetzung/Planung wird zu 15% berücksichtigt.
Das Verfahren ist in dieser Broschüre beschrieben, die auch sehr schöne Beispiele aus der Praxis aufzeigt.
https://www.stadtgruen-naturnah.de/files/web/images/einzelseiten/7_downloads/Abschlussbroschuere_StadtGruen.pdf
Ich gehe davon aus, dass die Ideen jetzt geordnet und aufbereitet werden, um auf der nächsten Sitzung der Lokalen Arbeitsgruppe besprochen zu werden.