Gegendemonstration zum so genanntem Spaziergang in Plön

Seit einigen Wochen „spazieren“ Leute durch Plön, die damit gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie demonstrierten. Ein Plöner Bürger hatte für heute 18:00 Uhr zu einer Gegendemonstration auf dem Markt aufgerufen. Etwa 150 Plönerinnen und Plöner folgten dem Appel.

Die Gegendemonstrant*innen mit Plakat sammeln sich zum Pressefoto

Schon am vergangenen Montag kam mir der Demonstrationszug der „Spaziergänger*innen“ mit geschätzt 40 Personen entgegen. Nachdem bekannt wurde, dass für heute eine Gegendemonstration geplant ist, rief der „Widerstand“ auf Telegram auf, zur Unterstützung des „Spazierganges“ nach Plön zu kommen. Dem Ruf scheinen etliche „Widerständler“ aus der Region gefolgt zu sein.
Mein Nachbar auf der Gegendemonstration hatte versucht, Plöner*innen bei der Spaziergänger-Demo zu erkennen. Ergebnis: Vier. Es werden mit Sicherheit ein paar mehr gewesen sein.

Zum Abschluss treffen sich die “Spaziergänger*innen” vor dem Rathaus. Es werden Reden gehalten.

Ich war nach Ende der Gegendemonstration noch bei der Bank und Einkaufen. Als ich danach in Richtung Wohnung fuhr sah ich, dass die Kundgebung der Spaziergänger*innen wohl auch beendet sein musste. Zahlreiche Demonstrant*innen zogen mit ihren Irrlichtern zu den Autos und etliche Fahrzeuge stauten sich vor der Ausfahrt vom Parkplatz Stadtgraben in Richtung Bundesstraße.

Auf der Gegendemonstration war die Kommunalpolitik gut vertreten. Der Bürgermeister und die Bürgervorsteherin gehörten zu den Teilnehmer*innen. Die Fraktionsvorstände von CDU, SPD und DIE LINKE waren anwesend, ebenso wie einige Ratsmitglieder und Bürgerliche Mitglieder aus den Ausschüssen, dazu etliche Anwohner*innen.

Eigentlich dürfte damit klar sein, dass die Spaziergängerei nur die Ausdrucksform einer kleinen, wenn auch lautstarke Minderheit ist, die aus der gesamten Region zusammengetrommelt wurde.

Ich halte es schon für eine perfide Anmaßung, sich in Anlehnung an den Widerstand gegen die NS-Diktatur als „Widerstand“ zu bezeichnen. Wenn „Jana aus Kassel“ sich im Widerstand glaubt und öffentlich äußert, sie fühle sich wie Sophie Scholl, dann ist das nicht nur eine peinliche Entgleisung, sondern grob wahrnehmungsgestört.
Sophie Scholl hat um die Gefahr wissend ihr Leben riskiert und wurde von einer Unrechtsjustiz zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das Einzige, was den „Janas“ dieser Republik droht, ist sich lächerlich zu machen.

Nein, wir leben nicht in einer Corona-Diktatur. Diese Behauptung ist so absurd und wegen Vernunftbeleidigung auch nicht diskutabel. Gerne diskutiere ich, ob die Maßnahmen sinnvoll und verhältnismäßig sind, aber mit Sicherheit diskutiere ich nicht die „Systemfrage“. Man kann vieles in Frage stellen, aber wer behauptet, wir würden in einer Diktatur leben, stellt damit mehr oder weniger unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage.

Durch das Tragen eines Judensternes mit dem Aufdruck „Umgeimpft“ stellt man sich sogar auf die Stufe von Opfern eines bürokratisch geplanten und industriell durchgeführten Völkermordes. Gleichzeitig stellt man unseren Staat mit dem Terrorregime des Nationalsozialismus auf eine Stufe. Das ist nicht nur boshaft, sondern auch eine widerliche Entgleisung.

In der Spaziergänger*innen-Demo wurden kleine dänische Fähnchen mitgeführt.

Nun muß man der Fairness halber feststellen, heute in Plön gab es derlei nicht. Soweit ich es mitbekommen habe, wurde die Presse nicht beschimpft oder angegriffen.  Es wurden keine Reichsflaggen mitgeführt. Auch sonst wurden keine verfassungswidrigen Symbole gezeigt. Stattdessen schwenkte man kleine dänische Fahnen, wohl, weil unsere nördlichen Nachbarn die Schutzmaßnahmen jetzt auslaufen lassen können, da sie eine ausreichend hohe Impfquote erreicht haben, mit der die Überlastung des Gesundheitssystems vermieden werden kann.
Von keiner Seite – weder der Seite der Spaziergehenden noch von Seiten der Gegendemonstrierenden – wurde gepöbelt. Von keiner Seite ging Gewalt aus. Die Polizei hat durch ihre Präsenz und das ruhige und professionelle Auftreten einen geordneten Rahmen geschaffen. Danke. 

Es ist eigentlich bekannt, dass die Organisation solcher „Spaziergänge“ ihren Ursprung häufig im rechten Milieu hat. Bekannte Rechtsextremisten, AfD-Mitglieder, Reichsbürger und Verschörungstheoretiker aller Art tummeln sich dort und sind auch auf der Strasse mit dabei. Aus meiner Sicht ist für sie der „Widerstand“ gegen die Maßnahmen zum Schutz vor Corona nur ein Mittel zum Zweck, um die Gesellschaft zu spalten. Das war schon seinerzeit so, als der „Widerstand“ die starke Zuwanderung von Geflüchteten für “nationale” Zwecke instrumentalisierte. Nach meiner Bewertung ist der Protest vordergründig gegen die jetzigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gerichtet, unterschwellig geht es etlichen aber doch darum, unsere Gesellschaftsordnung zu unterwandern. Fehlende Distanz macht einen zum Mitläufer.


Nun sind viele, die dort mitspazieren, keine Nazi’s. Aber man geht auch nicht mit Nazis spazieren. Es soll später zumindest niemand behaupten, man habe von nichts gewußt.  

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