Eigentlich wollte ich an dieser Stelle und vor der Einwohnerversammlung noch einmal zusammenfassen, was an Argumenten gegen das geplante Projekt Trammer Seewiesen spricht, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist eigentlich alles gesagt und geschrieben. Und da momentan das Prüfungsverfahren läuft, besteht wenig Einflußmöglichkeit, außer Präsenz zu zeigen.
Seit letztem Samstag umkreist der indische Satellit Chandrayaan-1 den Mond. Dies ist sicher auch ein Prestigevorhaben, mit dem Indien, analog zum Raumfahrprogramm seines Nachbarn China, die eigene Bedeutung als Regionalmacht unterstreichen will.
Nun sind Indien und China nicht nur die bevölkerungsreichsten Staaten der Erde, beide verfügen über Nuklearwaffen und über eine gemeinsame Landgrenze im Himalaja, die nicht völlig unumstritten ist. An dieser Stelle möchte ich den Ubootunfall auf dem Uboot Nepra der Akula Klasse (weiter Link auf Akula) zum Anlaß nehmen, einmal auf die maritime geostrategische Situation Indiens einzugehen. Hintergrund ist, daß die Nepra als eins von 2 Ubooten im kommenden Jahr für 10 Jahre an Indien vermietet werden soll.
In der politischen Führung Indiens wird davon gesprochen, eine eigenen Monroe Doktrin zu entwickeln. Erst einmal, was ist die Monroe Doktrin, auf die sich auch heute noch die US-amerikanische Mittelamerikapolitik abstützt, und die als eine Grundlage für das Eingreifen z.B. in Grenada und Nicaragua diente?
Sie wurde 1823 veröffentlicht. Zu dieser Zeit waren die Vereinigten Staaten noch sehr jung und sie umfaßten auch noch nicht den gesamten Nordamerikanischen Kontinent südlich der Grenze zu der britischen Kolonie Kanada. In der Karibik, also an der Südgrenze der USA, besaßen mehrere europäische Mächte, so etwa Spanien, die Niederlande und Frankreich Kolonien und kämpften untereinander um militärischen und wirtschaftlichen Einfluß und gleichzeitig gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in ihren Gebieten. In den Vereinigten Staaten sah man die Gefahr, daß die europäischen Mächte auf dem Umweg über die Karibik auch Einfluß auf die USA selber nehmen oder ggf. sogar territoriale Ansprüche geltend machen könnten. Von daher wurde in der Monroe Doktrin zum Ausdruck gebracht, daß eine Kolonialisierung durch europäische Mächte über das bestehende Maß hinaus nicht akzeptiert würde. Hierin spiegelt sich zum einen die Sorge um die eigene Sicherheit, zum anderen die Sympathie für die mittelamerikanischen Nationen, die gerade ihre Unabhängigkeit erringen konnten bzw. für die liberalen Unabhängigkeitsbewegungen in den europäischen Kolonien. Aus maritimer Sicht bedeutete dies, daß die US-Navy in der Lage sein musste, zur Not europäische Rivalen aus der eigenen Hemisphäre, also den eigenen Gewässern und der angrenzenden Karibik, zu verdrängen. Dies schloß im einzelnen aber nicht aus, z.B. mit der britischen Royal Navy zusammenzuarbeiten, etwa, wenn es um die Bekämpfung des Sklavenhandels ging. Zwei Dinge sind noch hervorzuheben: Erstens ist die Monroe Doktrin kein Völkerrecht und zweitens wird durch sie kein Anspruch auf die militärische Kontrolle der eigenen Hemisphäre erhoben . Die Monroe Doktrin unterlag im 19. Jahrhundert jedoch dem Wandel. Hintergrund war das US-amerikanische Bestreben, die Kontrolle der mittelameikanischen Landverbindung zwischen dem Nord- und Südkontinent sowie die Kontrolle über die Kanalverbindung zwischen Atlantik und Pazifik zu erhalten. Kanalprojekte, die später mit dem Panama Kanal umgesetzt wurden, existierten bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Darüber hinaus nahmen die Flotten europäischer Mächte, und hier auch die Preußische Marine und später die Kaiserliche Marine, den Schutz der Wirtschaftsinteressen der eigenen Staatsbürger wahr. Sie wurden durch die „Kanonenbootpolitik” tatkräftig abgesichert. Einen sehr lesenswerten und detaillierten Überblick über dies wenig bekannte Kapitel deutscher Geschichte bietet die Dissertation von Herrn Gerhard Wichmann von der Uni Oldenburg, sie als ZIP Datei über diesen Link einsehbar ist. Durch das ordnungspolitische Versagen der jungen Staaten war das Eingreifen der europäischen Mächte vorprogrammiert. Um dem zuvorzukommen, kam man letztendlich unter Theodore Roosevelt zu dem Schluß, daß ein US-amerikanisches Eingreifen in diesen Fällen geboten ist, und zwar mit dem Ziel, nationalen Interessen zu schützen, indem man Ordnung schafft, bevor es andere tun.
Was bedeutet das für eine indische Monroe Doktrin?
Der ursprüngliche Ansatz geht davon aus, den Einfluß ausländischer Mächte in der eigenen Hemisphäre, und hier nehmen wir für Indien einmal den Indischen Ozean mit seinen Inseln und den angrenzenden Küsten an, zu begrenzen. Nun ist der Indische Ozean im Vergleich mit der Karibik verhältnismäßig arm an Inseln. Nur wenige davon sind als vorgeschobene Basis für Marine- und Marinefliegerkräfte geeignet, und die vorhandenen werden bereits durch andere Nationen genutzt, wie z.B. Diego Garcia durch Briten und Amerikaner. Der Status der übrigen Inseln ist im wesentlichen unumstritten. Mit einer Kolonialisierung – durch wen auch immer – ist nicht wirklich zu rechnen. Die Mechanismen, Einfluß auf Gebiete zu nehmen, sind heute anders. Wirtschaftlicher Druck ist ebenso wirksam, günstiger und international besser vermittelbar als nackte Gewalt. Die gewaltsame Durchsetzung eigener Ordnungsvorstellungen in der Hemisphäre scheidet eigentlich auch aus. Sieht man von einigen Staaten an der Afrikanischen Ostküste (z.B. Somalia) einmal ab, gibt es auch an den Küsten des Indischen Ozeans kein Betätigungsfeld, und in Somalia sind auch keine bedeutenden indischen Interessen erkennbar.
Der einzige nennenswerte und akute Konfliktpartner ist der Nachbar Pakistan, ebenfalls Nuklearmacht und mit einer gemeinsamen Grenze zu Indien. Hier schwelt seit Jahren der Kaschmirkonflikt. Beide Parteien verfügen über Marinekräfte, die sich im Konfliktfall gegenüber stehen würden. Allerdings steht eine indische Monroe Doktrin inhaltlich in keinem Zusammenhang mit den zwischenstaatlichen Spannungen zum Nachbarn. Sie kann sich eigentlich nur aus zwei Faktoren ergeben, nämlich erstens: Indien hat eine sehr lange Küstenlinie und ist wirtschaftlich vom Im- und Export über See abhängig. Und zweitens: Die Seeverbindungslinien von Asien nach Afrika und Europa verlaufen durch den Indischen Ozean, genau so wie die für Öl aus dem Arabischen Golf in alle Welt. Und genau hier ist das Indische Interesse zu vermuten, die Sicherstellung der eigenen Handelswege über See und die Möglichkeit, Einfluß auf die Handelsverbindungen der übrigen Nationen zu nehmen. Um in der Hemisphäre den Anspruch als Regionalmacht geltend zu machen, muß Indien in der Lage sein, vor der eigenen Haustür zumindest im gleichen Ausmaß Präsenz zu zeigen, wie andere Groß- und Mittelmächte es tun. So operieren regelmäßig amerikanische, russische, französische und chinesische Verbände in Indischen Ozean. Um hier gleichziehen zu können, hat Indien offensichtlich die Absicht, zukünftig zwei Flugzeugträgerverbände in diesem Bereich einsetzen zu können. Derzeit verfügt die Indische Marine lediglich über einen Träger. Dabei handelt es sich um die Viraat, die ehemals britische Hermes die über 13 Kampflugzeuge vom Typ Sea Harrier verfügt. Sie wurde 1944 gebaut vor 20 Jahren von der Indischen Marine übernommen. Derzeit wird das Schiff noch einmal instandgesetzt und modernisiert, um die Zeit bis zum Zulauf der neuen Träger zu überbrücken. Als Ersatz hat Indien 2004 den ehemals russischen Flugzeugträger Admiral Gorshkov, ex Baku (weiterer Link) erworben, der dieses Jahr unter dem Namen Vhikhramaditya hätte in Dienst gestellt werden sollen. Aber offensichtlich gibt es hier erhebliche Verzögerungen, der Grund für die nochmalige Instandsetzung der Viraat. Die neue Einheit soll später einmal 21 bis 24 Jagdflugzeuge vom Typ MIG 29 / KUB und 6 bis 13 Hubschrauber KA 28 und KA 30 (hierzu liegen mir keine Informationen vor, möglicherweise eine modifizierte KA 28 Version) aufnehmen können. Darüber hinaus hat Indien im Februar 2007 einen eigenen Entwurf als Neubau bei der Cochin Shipyard Ltd. auf Kiel gelegt. Der Träger soll 2012 fertig gestellt sein und den Namen Vikrant führen. Ein weitere Träger dieses Typs ist offensichtlich geplant.
Ein Flugzeugträgerverband setzt sich immer aus dem Träger und einer Sicherungsgruppe, besehend aus mehreren Zerstörern und Fregatten, zusammen. Darüber hinaus kann er durch ein oder zwei Uboote unterstützt werden. Da konventionelle Uboote, also solche ohne Nuklearantrieb, in der Regel nicht in der Lage sind, die gleiche Geschwindigkeit zu laufen wie Überwasserverbände, und auch, weil die Seeausdauer von nuklear angetriebenen Ubooten in der Regel deutlich höher ist als die von konventionellen Booten, ist die indische Absicht, zwei nuklear angetriebene Jagduboote (SSN) zu erwerben, folgerichtig und nachvollziehbar, zumal bereits in der Vergangenheit ein solches Boot von Russland geleast und betrieben wurde. Nach meiner Einschätzung ist damit zu rechnen, daß Indien analog zum Vorgehen in der Beschaffung von Flugzeugträgern die Erfahrungen mit dem gemieteten Uboot nutzen wird, um später eigene Entwürfe umzusetzen.
– Nachträglicher Zusatz: Wie ich heute (17. Nov 08) gelesen habe, hat Indien bereits mit dem Bau eines Demonstrators, des Advanced Technology Vehicle (ATV) begonnen – der in Kürze in Einst gestellt werden soll.
Zurück zur Monroe Doktrin: Meines Erachtens ist die indische Absicht, die eigene Position im maritimen Umfeld zu stärken, aber nicht, um hier „Ordnung“ zu schaffen. Vielmehr zeichnet sich hier ein Rüstungswettlauf mit China ab. China hätte aufgrund des rasanten Aufbaus seiner Marine zukünftig die Möglichkeit, Indien von seinem Nachschub über See abzuschneiden, was im Konfliktfall erhebliche Konsequenzen für die Indischen Streitkräfte und die indische Wirtschaft hätte. Und dies kann aus indischer Sicht nicht ohne Gegenmaßnahmen hingenommen werden.