Zur Europawahl am 07. Juni 2009

52 Jahre Römische Verträge. Wo geht es hin mit Europa? Diese Frage läßt sich eigentlich nur beantworten, wenn man sich die Entstehung der EU vor Augen führt.
1945 endete der 2. Weltkrieg in Europa mit einer totalen Niederlage des Dritten Reiches. Deutschland lag in Trümmern. Große Teile der Bevölkerung waren völlig demoralisiert und im wesentlichen mit dem Kampf um das tägliche Überleben befaßt. Schon vor Ende ders Krieges zeichnete sich ab, daß die Sowjetunion nicht gewillt war, die von ihr befreiten Länder und besetzten Gebiete aus ihrem Einflußbereich zu entlassen. Die Ausdehnung des sowjetischen Machtbereiches wurde von den Westalliierten aber durchaus als Siegeszug des Kommunismus wahrgenommen, und es wurde die Gefahr gesehen, daß die westlichen Besatzungszonen der Engländer, Franzosen und Amerikaner in den sowjetischen Machtbereich fallen könnten. Der Französiche Außenminister Robert Schuman, der italienische Staatsmann Alcide de Gasperi und der deutsche Kanzler Konrad Adenauer hatten ein starkes Interesse daran, ihre Nationen in die westliche Interessensgemeinschaft zu integrieren. Sie können zu Recht als Gründungsväter der Montanunion und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gelten, die sich zu der EU entwickelt haben, wie wir sie heute kennen. Wesentliche Zielsetzung damals war die Schaffung eines freien und einigen Europas in enger Verbindung mit den USA. Wesentliche Kennzeichen sollen die Gewährleistung der personellen Freiheit sowie eine rechtstaatliche und soziale Ordnung sein. Deutschland – und vor allem auch ein militärischer Beitrag Deutschlands – wurde im kalten Krieg gebraucht. Dies zeichnete sich bereits bei den Bemühungen für die Aufstellung einer “Europaarmee” im Rahmen der Verhandlungen für die Schaffung der Europäischen Verteidigunsgemeinschaft zwischen 1950 und 1954 ab. Heute  setzen sich die damaligen Absichten in der Umsetzung einer Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) fort. Adenauer sah seinerzeit in der Westintegration die Möglichkeit, die Bundesrepublik Deutschland (BRD) aus der Isolation zu führen. Mittel waren die politische und wirtschaftliche Integration in die EWG und die militärische Integratipon in die NATO. Letztendlich hat sich diese Konstruktion im Kalten Krieg bis zur Wende 1989 bewährt. Wesentliche Voraussetzung für die Wende waren m.E. die Entspannungspolitik Willi Brandts, in dem Zusammenhang auch die Vereinbarungen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die im “Korb III” der Schlußakte von Helsinki eine Grundlag geschaffen hat, auf die sich die Bürgerrechtler später abstützen konnten, die Bürgerrechtsbewegungen in der DDR und in Polen, die unter erheblichen Gefahren tätig waren und zuletzt doch auf die Straße gegangen sind, der Staatsratsvorsitzender Gorbatschow, der die Panzer in den Kasernen ließ und US Präsident Bush (sen), der der Einigung Deutschlands nicht entgegenstand und damit die Widerstände der Franzosen, Briten und Italiener überwand. Abschließend ist Helmut Kohl zu nennen, der die Gelegenheit ergriff und die Einigung schnell vorangetrieben hat. Im Anschluß an die Wende hat sich die EU erheblich vergrößert. Als Ergebnis ist schon heute ein Europa zu sehen, in dem Kriege unter den Mitgliedsstaaten undenkbar sind. Deutschland ist heute von Freunden umgeben. Mit der Einführung des Euro gibt es eine gemeinsame Währung, die sich allen Unkenrufen zum Trotz bewährt hat, und mit dem Schengenabkommen gibt es innerhalb der EU eine Freizügigkeit für die Bürger der beteiligten Staaten, wie sie vor 20 Jahren noch undenkbar war.
Wer vor diesem Hintergrund an europäischen Verordnungen zum Naturschutz herummäkelt oder die berühmte Neigung der Lehne des Treckersitzes als Argument gegen Europa heranführt, scheint die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Und wer meint, Europa ist zu teuer, der sollte bedenken, daß ein Monat Krieg im Kosovo mehr gekostet habt als 5 Jahre EU.
Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein in Europa und offenen Fragen sind zu diskutieren und zu entscheiden. Die schnelle Aufnahme der osteuropäischen Staaten hat zu einem erheblichen Wohlstandsgefälle geführt. Das Problem das sich stellt, ist, Aufnahmewünsche gegen Aufnahmefähigkeit abzuwärgen. Die derzeitige Tendenz “Vertiefung vor Erweiterung” ist wegweisend. Ein Bundesstaat ist sicher zu ambitioniert, ein Staatenbund ist zu wenig. Das Europa, das sich abzeichnet, ist ein Europa der Nationen, es wird föderal sein, mit allen Problemen, die wir aus unserem föderalen System kennen, oder gar nicht. Aber ich bin fest davon überzeugt, daß ein starkes Europa, und zwar nicht nur ein wirtschaftlich starkes Europa, sondern auch ein Europa mit gemeinsamen sozialen Grundvorstellungen, als Gestaltungsmacht in der globalisierten Welt wirken kann. Dabei wird es darauf ankommen, gemeinsam mit, aber emanzipiert von den USA die westlich orientierten Werte zu vertreten und ein auskömmliches Verhältnis mit dem wichtigsten Nachbarn in Europa, nämlich Russland, zu erreichen. Dafür ist die EU da, und ich halte es für wichtig, daß die Bürger im Juni wählen gehen und die EU durch einen hohe Wahlbeteiligung stärken.

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