Zur Einsicht gezwungen?

Am 15. Juni hatte ich bereits über die augenfälligen Entwicklungen am Gerberhof berichtet. Leider konnte ich wegen einer Dienstreise nach Brüssel nicht an der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt teilnehmen – auch der Protokollentwurf liegt mir noch nicht vor – so dass ich mir den Zeitungsartikel vom letzten Freitag in den KN zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu 100 % erklären kann. So wie es sich für mich im Moment darstellt, basiert der Artikel überwiegend auf Informationen des Investors.

Vorweg meine Meinung zu dem Gebäude. Ich halte die innerstädtische Verdichtung für den einzig richtigen Weg. Neue Wohnungen in Plön gehören in die Stadt, nicht auf die grüne Wiese. Dies ist der Trend, der den Bedürfnissen einer älter werdenden Gesellschaft auch langfristig entspricht. Es geht um die Auslastung und den Erhalt der vorhandenen städtischen Infrastruktur, nicht um die kurzfristige Realisierung von Spekulationsgewinnen und die Schaffung von zusätzlicher Infrastuktur, die uns Bürger langfristig teuer zu stehen kommen wird. Daher begrüße ich die Absicht des Investors, an dieser Stelle Wohnraum zu schaffen.

Skandalös finde ich lediglich, dass Eigentümer denkmalgeschützte Gebäude so verkommen lassen können, dass nur noch ein Abriss in Frage kommt. Das ist für mich mit der Geminwohlverpflichtung des Eigentums nicht verienbar.

Allerdings sehe ich im Zusammenhang mit dem Neubauprojekt Gerberhof ein erhebliches öffentliches Interesse. Das Gebäude muß sich in das Straßenbild der Lübecker Straße einfügen, denn die Touristischen Entwicklung Plöns hängt auch vom Erhalt des historischen Kleinstadtcharakters ab. Modernistische Experimente oder profitmaximierende Fassadengestaltung zur Lübecker Straße hin sind an dieser Stelle nicht akzeptabel. Beispiele für gelungene Modernisierungen lassen sich in der Nähe des Gänsemarktes in der Rodomstorstrasse finden. Es geht, wenn man will.

Der Satz: „Der Kreis Plön hat Nemitz auferlegt, einen Bebauungsplan für das Gebiet – auf eigene Kosten – aufzustellen.“ (KN vom 19. Juli Seite 25)  irritiert mich ein wenig, denn der Beschluß über die Aufstellung, bzw. die Änderung des vorhandenen Bebauungsplanes liegt im Verantwortungsbereich der Stadt Plön und hier beim Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt.

Daher mein Interpretationsversuch: Aus der Plöner Verwaltung wurde eine Planung an den Kreis weitergeleitet, die die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen für ein Zustimmung seitens des Kreises nicht erfüllt hat, weil sie mit dem vorhandenen Bebauungsplan nicht vereinbar war und die Voraussetzungen für eine Befreiung des geplanten Bauvorhabens nicht gegeben waren.

Ich würde hier jetzt nicht so weit gehen, von einem individuellen Versagen zu sprechen, da hier von einer kollektive Entscheidung unter Einbindung der Selbstverwaltung anzunehmen ist. Aber mir drängt sich der Eindruck auf, dass der Kreis mit dem historischen Erbe und dem touristischen Tafelsilber unserer Stadt verantwortungsbewusster umgeht als die Stadt selber.

Die durch das Vorgehen des Kreises erfolgte Verzögerung des Bauprojektes hätte m.E. vermieden werden können. Ich höre schon das Jammern und Klagen, dass der Kreis sich wieder in Angelegenheiten der Stadt einmischen und alles verhindern würde. Wenn die planerische Vorbereitung anders gelaufen wären, hätten die Verzögerungen in diesem Ausmaß vermieden werden können. Jeder Versuch, aus der Verzögerung einen Vorwurf in Richtung Kreis abzuleiten, geht in die falsche Richtung.

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