Noch kann der Altstadtcharakter bewahrt werden

Mit meinem Beitrag vom 9. Juni „Den Altstadtcharakter bewahren“ habe ich mich im Vorgriff auf die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (SteU) mit dem Bebauungsplan Gerberhof/Am Schwanensee/Rodomstorstraße auseinander gesetzt.
Gestern, am 11. Juni, stand das Thema als Punkt 5 auf der Tagesordnung.

Nachträgliche Anmerkung vom 02. Juli 2014: Wenn ich den Begriff “Gerberhof” oder “historischer Gerberhof” gebrauche, meine ich damit das Gebäude Lübecker Straße 9, das in früheren Zeiten als Gerberei genutzt wurde.
Nicht gemeint sind die Gebäude an der Straße “Gerberhof”

Im Grundsatz unterstütze ich die laufende Planung. Im bisherigen Planungsgang kristallisierten sich jedoch zwei Schwächen heraus, die sich auch im jetzt öffentlich vorgestellten Planungsstand wiederfanden.

1. Die Fassade des Gebäudes, das anstelle des historischen Gerberhofes entstehen soll, fügt sich nicht in das Straßenbild ein.

2. Es werden zusätzliche Gewerbeflächen für Kleingewerbe geschaffen, die nördlich hinter den Gebäuden an der Lübecker Straße entstehen sollen. Ein zusätzliches Angebot an kleinen Ladenflächen außerhalb der Fußgängerzone wird nach meiner Überzeugung einen negativen Einfluß auf den zentralen Versorgungsbereich haben, der ohnehin bereits vorgeschädigt ist.

In der Ankündigung des Vortrages von Herrn Nagel vom Planungsbüro Ostholstein wurde darauf hingewiesen, daß es jetzt darum geht, die nächsten Verfahrensschritte vorzubereiten. Die Planungen sollen in einem beschleunigten Verfahren durchgeführt werden. Ziel ist, die frühzeitige Behörden- und die Öffentlichkeitsbeteiligung zu veranlassen. Dazu soll dem Ausschuß der aktuelle Planungsstand vorgestellt und seine Zustimmung zum weiteren Vorgehen eingeholt werden.

Herr Nagel stellte den aktuellen Planungsstand für die erste Änderung zum Bebauungsplan 7c, (Gerberhof, Am Schwanensee, Rodomstorstraße) vor.
Bisher wurden dazu zwei Varianten entwickelt.
Das erste Bild zeigt, welche Gebäude abgerissen werden sollen. Sie sind in Lila markiert. Das längliche Gebäude unten links ist der Gerberhof, das große Gebäude oben rechts ist der ehemalige Getränkehandel
140611_SteU_Gerberhof_01_AbrissIm weiteren Verlauf stellte Herr Nagel zwei mögliche Varianten vor. Beiden Planungsansätzen sind zwei Punkte gemeinsam. Dabei handelt es sich um den Neubau anstelle des Gerberhofes und das Gänsemarktviertel, das nördlich hinter den Gebäuden der Lübecker Straße entstehen soll. Das Gänsemarktviertel umfaßt mehrere zweistöckige Gebäude, deren Giebel zu einer neu geschaffenen „Gänsemarkttwiete“ zeigen sollen.
Beiden Entwürfen ist erfreulicherweise auch gemeinsam, daß die drei markanten Buchen erhalten bleiben sollen.
Der Unterschied in den Varianten besteht in der Gestaltung der Wohngebäude, die auf dem Gelände des ehemaligen Getränkehandels geplant werden.

Die Variante 1 sieht vor, daß hier doppel- bzw. reihenhausartige Gebäude entstehen sollen.
Die geplanten Neubauten sind auf dem folgenden Bild in rot hervorgehoben.
140611_SteU_Gerberhof_02_V1Die Variante 2 beinhaltet Gebäude mit einer eher modernen, kubistischen Gestaltung in Anlehnung an die derzeit beliebten Stadtvillen, wie auf dem nächsten Bild erkennbar ist.
140611_SteU_Gerberhof_03_V2Ein nicht nur aus meiner Sicht echter Schwachpunkt ist die Gestaltung der Fassade des Gebäudes, das anstelle des historischen Gerberhofes entstehen soll. Die Fassade, um die es geht, ist auf dem Bild oben links am rechten Rand zu erkennen.
140611_SteU_Gerberhof_04_PerspektiveIn der Diskussion sprach Herr Dr. Erdmann von der FWG an, daß die Gestaltung des Gebäudes, das anstelle des Gerberhofes entstehen soll, nicht tragbar ist. Ich führte aus, daß wir uns in einem Planungsverfahren für den B-Plan befinden, in dem der SteU die Vorgaben macht und nicht der Investor (Anmerkung: der die Wohnungen im Internet bereits vermarktet). Das Verfahren ist offen und sowohl der SteU wie auch anschließend die Ratsversammlung werden dem fertigen Bebauungsplan noch zustimmen müssen. Hier besteht der Bedarf und die Notwendigkeit für Änderungen. Der Ausschußvorsitzende betonte, daß es erst einmal um die Grundzüge der Planung ginge, die Gestaltung würde erst zu einem späteren Zeitpunkt thematisiert.
An diesem Punkt glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen, denn bisher hat er den Entwurf so, wie er vorgestellt wurde, unterstützt. Es wäre schön, wenn hier ein echter Umdenkprozess eingesetzt hat und die Verschiebung nicht dazu dient, den bestehenden Entwurf zu einem günstigeren Zeitpunkt einfach durchzuwinken.

Ein weiteres Thema war die Erschließung. Ratsherr Zender (CDU) merkte zu Recht an, daß die Erschließung und damit auch der KFZ-Verkehr direkt an der Grundschule Rodomstorstraße entlangführen würde und verwies auf die mögliche Gefährdung der Schülerinnen und Schüler. Gleichzeitig schlug er vor, die Möglichkeit zu prüfen, die Erschließung vom Stadtgraben aus über die Schwentine zu realisieren. Allgemein bestand die Ansicht, daß der zusätzliche Verkehr unerheblich sei und eine Erschließung über die Schwentine problematisch, da die Flächen nicht der Stadt gehören würden und eine kostspielige Brücke, die auch in der Lage ist, die Entsorgungsfahrzeuge zu tragen, aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden könne.
Darüber hinaus schlug Herr Nagel vor, den Versorgungs- und Rettungsverkehr über eine einbahnstraßenartige Verkehrsregelung von der Rodomstorstraße durch das Gelände zu führen und über die neu zu schaffende Gänsemarkttwiete abfließen zu lassen.
Ich bin mir nicht sicher, daß dies realisierbar ist, lasse mich aber in diesem Fall gerne eines Besseren belehren.

Darüber hinaus habe ich noch vorgeschlagen, den Bereich der Gänsemarkttwiete als allgemeines Wohngebiet und nicht als Mischgebiet auszuweisen, damit die Möglichkeiten, hier Gewerbe anzusiedeln, eingeschränkt werden. Nach Aussage der Verwaltung soll das aus Lärmschutzgründen nicht möglich sein. Dieses Argument hat mich aber nicht völlig überzeugt, zumal das zukünftige Mischgebiet Gänsemarkttwiete dann an das reine Wohngebiet „ehemaliger Getränkemarkt“ angrenzen würde. Die Probleme müßten die gleichen und lösbar sein.
140611_SteU_Gerberhof_05_MKBeschlossen wurde, die Planungen noch einmal in die Fraktionen zu geben, um sie dort zu besprechen. Im nächsten SteU am 02. Juli soll dann über das weitere Vorgehen entschieden werden.

Es besteht also durchaus noch Hoffnung, daß der Altstadcharakter unserer Innenstadt bewahrt wird.

PS.: Der Beitrag wurde ein wenig nachbebessert. Nach zwei Glas Wein schleichen sich halt ein paar kleine Fehler ein.  Die inhaltliche Aussage ist unverändert.

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