Anfrage an die Verwaltung zum Schweigen der Lämmer

Vor einiger Zeit wurde der Vortrag „Warum schweigen die Lämmer“ von Professor Dr. Mausfeld durch Ratsherrn Stefan Thomsen beworben und als Ansprechpartner der Nachdenkseiten für den „Kreis Plöner See“ auch veranstaltet wurde. Der Vortrag fand am 08. Dezember in der Aula der Schule am Schiffsthal statt. Soweit ich informiert bin, nahmen zwischen 30 und 40 Teilnehmer*innen an der Veranstaltung teil, die z.T. aus dem gesamten Bundesgebiet angereist kamen.

Ich habe bereits 1980 in meiner Grundausbildung gelent, dass es verwerflich ist, Menschen auf das Niveau von Tieren herabzuwürdigen. Genau das wird mit dem Titel des Vortrages gemacht. Daher habe ich mir den Vortrag, der im Internet verfügbar ist, einmal näher angesehen und bin zu der Meinung gelangt, dass der Inhalt des Vortrages gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet ist (Eine Zusammenfassung des Vortrags und Links am Ende dieses Beitrags).

Daher sah ich mich auf der Ratsversammlung zu nachfolgender Anfrage an die Verwaltung veranlaßt:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, ich frage Sie in ihrer Funktion als Schulverbandsvorsitzender.

Morgen veranstalten die so genannten Nachdenkseiten in dieser Aula einen Vortrag mit Prof. Dr. Mausfeld, der den Titel trägt: „Warum schweigen die Lämmer“

(Diesen Teil der Anfrage habe ich ausgelassen, um die Frage nicht unnötig in die Länge zu ziehen, da die Kolleginnen und Kollegen über den Sachverhalt bereits informiert waren:
Der Vortrag ist im Internet einsehbar, u.a. ist er auf der Internetpräsenz Free21 veröffentlicht. Die Seite Free 21 wird von Tommy Hansen betrieben, der zum Umfeld von Ken „FM“ Jebsen gehört. Herr Jebsen war beim RBB als Journalist beschäftigt und ist dort wegen Nichteinhaltung journalistischer Standards entlassen worden. In dem Zusammenhang erhobenen Antisemitismusvorwürfe wies er zurück. Seit seiner Entlassung hat er einen festen Sympathisantenkreis in der neuen rechten Szene, in der er sich bewegt.)

Der Inhalt, der im Vortrag transportiert wird, läßt sich in wenigen Worten zusammenfassen:
Die repräsentative Demokratie ist eine Art Oligarchie, die durch das Finanzkapital gesteuert wird. Die Eliten müssen sich und ihren Reichtum vor dem Volk schützen. Hierzu bedienen sich die Eliten der Massenmedien, die die Meinung der Bevölkerung bewußt manipulieren und die wahren Zusammenhänge unsichtbar machen.

Abschließend empfieht Prof. Dr. Mausfeld, die Massenmedien und das öffentlich rechtliche Fernseh- und Rundfunksystem zu meiden, um sich nicht manipulieren zu lassen.

Nach meiner Auffassung setzt sich der Vortrag nicht kritisch mit unserer Gesellschaftsordnung auseinander, vielmehr habe ich den Eindruck, daß der Inhalt des Vortrages zumindest indirekt gegen die repräsentative Demokratie gerichtet ist.

Es ist völlig unerheblich, ob Prof Dr. Mausfeld selber zur neuen Rechten gehört oder nicht, er bedient mit seinem Vortrag unter anderem die Menschen, die Journalisten als „Lügenpresse“ beleidigen.

Es geht hier nicht um Zensur, sondern darum, dass der Schulverband eine besondere Verantwortung hat, wenn er Schulgebäude für nicht-schulische Veranstaltungen bereitstellt. Um meine Meinung noch einmal ganz klar auszudrücken: Ein solcher Vortrag kann veröffentlicht werden, aber er gehört mit Sicherheit nicht in ein Schulgebäude.

Herr Bürgermeister, war Ihnen der Inhalt des Vortrages bekannt, als sie die Genehmigung erteilen, die Aula für diesen Vortrag zur Verfügung zu stellen?
Werden Sie Maßnahmen ergreifen, um in Zukunft zu verhindern, daß solche Veranstaltungen nicht wieder in unserer Aula durchgeführt werden?“

Herr Bürgermeister Paustian war darüber informiert, daß eine entsprechende Anfrage gestellt wird, ementsprechend war er vorbereitet:
Dem Bürgermeister Paustian war der Inhalt des Vortrages nicht bekannt.
Er sah sich nach Abstimmung mit der Kommunalaufsicht außerstande, den begünstigenden Verwaltungsakt zurückzunehmen.
Beide Antworten waren zu er erwarten. Bedauerlicherweise fiel er auf den Sprachgebrauch der neuen Rechten hinein, als er äußerte, er könne ja keine Zensur ausüben.

Im Vorfeld hatte ich bereits versucht, die Veranstaltung zu verhindern, ohne ihn öffentlich hochzuspielen. Dazu habe ich mich mich in einer als nicht-öffentlich und persönlich gekennzeichneten EMail an den Bürgermeister und alle Kolleginnen und Kollegen in der Ratsversammlung gewand mit dem Ziel, die Genehmigung für die Durchführung des Vortrages zu widerrufen.
Da mir völlig klar war, daß die Wahrscheinlichkeit dafür relativ gering ist, weil es extrem schwer ist, einen begünstigenden Verwaltungsakt zurückzunehmen, habe ich im gleichen Atemzug vorgeschlagen, dass sich die Ratsversammlung in einer Resolution vom Inhalt des Vortrages distanziert. Zu einer Resolution ist es nicht gekommen, da die Tagesordnung der Ratsversammlung bereits veröffentlicht war. Der Tagesordnungspunkt hätte nur auf dem Weg eines Dringlichkeitsantrages auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Darüber hinaus war die Zeit, einen Text zwischen den Fraktionen und Parteien abzustimmen, relativ gering. Daher habe ich in Absprache mit einigen Kollegen darauf verzichtet, mich hier weiter zu engagieren.

Aufgrund der Vorgespräche mit einigen Kollegen bin ich aber zu der Auffassung gekommen, dass wir den Vorgang nicht hochspielen wollen, dass es aber wichtig ist klarzustellen, dass eine solche Veranstaltung nicht unwidersprochen bleibt. Daher habe ich die Option aufgegriffen, die Anfrage zu stellen.

Im Nachgang hat Ratsherr Thomsen meine als nichtöffentlich und persönlich gekennezichnete EMail ergänzt durch Anmerkungen zur „gelungenen“ Veranstaltung und zu meiner Anfrage nachrichtlich an eine Vertreterin und einen Vertreter der Presse weitergeleitet. Wer zuerst veröffentlicht, ist in Sachen Deutungshoheit immer im Vorteil. Daher habe ich mich entschieden, zu diesem Punkt etwas ausführlicher zu schreiben.

Abschließend versuche einmal, den Inhalt des Vortrages so kurz wie möglich zusammenzufassen:

Die repräsentative Demokratie ist in Wirklichkeit eine Oligarchie,die sich der „Leitmedien“ bedient, um mit derer Hilfe durch Propaganda die „natürliche Urteilfähigkeit“ der Bevölkerung zuuntergraben. Das hat zum Ziel, das Bewusstsein von Menschen zu manipulieren und Meinungen zu erzeugen, durch die sich Menschen zum Vorteil der jeweils herrschenden Eliten missbrauchen lassen.
„Damit die Macht der herrschenden Eliten erhalten bleibt, ist es unabdingbar, daß die Menschen unwissend bleiben …“. Entscheidungen werden getroffen von „ … demokratisch nicht mehr kontrollierbaren Oligarchien des globalisierten Finanzkapitals“. „Realpolitik bedeutet gerade, Verweise auf Demokratie, Menschenrechte oder moralische Normen allgemein nur als rethorische Hülsen anzusehen, mit denen sich die Bevölkerung wirksam steuern läßt …“. Bei der Beantwortung der Frage, wer das Ganze jetzt steuert, bleibt Prof. Dr. Mausfeld eher undeutlich. Als erster Anhaltspunkt könnte das Zitat von den: „ …demokratisch nicht mehr kontrollierbaren Oligarchien des globalisierten Finanzkapitals“ dienen. Ansonsten werden an einer anderen Stelle die üblichen Verdächtigen benannt: „EU, Weltbank, IWF, TTIP sowie „Troika““. Seine abschließende Empfehlung ist, die öffentlich-rechtlichen und privaten Leitmedien aktiv zu meiden, da man sonst in einem Manipulationsnetz gefangen ist, aus dem man sich nicht befreien kann.“

Nach meiner Meinung werden hier Meinungen und Behauptungen mit Fakten gemischt, um den Meinungen eine höhere Glaubwürdigkeit zu geben. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, dass im Vortrag genau die Manipulationsmechanismen zur Anwendung kommen, deren Gebrauch den Massenmedien vorgeworfen werden.

Wer es nicht glaubt, kann den Vortrag auf Youtube nachhören oder als Text nachlesen. Ich empfehle den Text, das Video hat für meinen Geschmack einige Längen:
youtube.com/watch?v=Rx5SZrOsb6M
http://www.uni-kiel.de/psychologie/psychophysik/mausfeld/Mausfeld_Warum%20schweigen%20die%20Laemmer_Demokratie,%20Psychologie%20und%20Techniken%20des%20Meinungs-%20und%20Empoerungsmanagements.pdf

4 Gedanken zu „Anfrage an die Verwaltung zum Schweigen der Lämmer

  1. Hallo Ingo.
    Ich Frage mich natürlich woher kommt oder kann dieses Mißtrauen kommen, gegenüber unseren ÖR-Medien. Da fällt mir spontan die Berichterstattung vor dem Beginn zum Iraq Krieg ein. Als alle ÖR und nicht öR Sender über die Giftgas Fabriken eines Saddam Hussein berichteten. Auch wenn wir inzwischen alle wissen, wer diese “Fakten/Tatsachen” gestreut hat. Es wurde uns allen aber zu dem Zeitpunkt als eben diese Verkauft!!! Später kam auch noch die inderekte Unterstützung durch “Schneewittchen” & Steinmeier hinzu, die zu dem Zeitpunkt wegen dem öffentlichen Druck geleugnet wurde.
    Ein weiterer Pkt., du selbst warst lange Zeit Mitglied in einer Partei und weisst wie es dort zu geht.
    3. Jetzt ganz aktuell, die Kanzlerfrage. Als wenn es ÜBERHAUPT keine alternativen zu Mutter oder Steinmeier gibt. Du bekommst immer, wenn du die beiden in Frage stellst zu hören: “Ja wen haben die denn sonst”. Das ist mit verlaub “Bull-shit”! Wenn die morgen beide Tod umfallen, geht es auch weiter.
    Ich höre jetzt besser auf, mir fallen sonst noch mehr Dinge ein.

  2. „Leitmedien“ und „Urteilsfähigkeit“

    Man kann Presseartikel nach verschiedenen Aspekten beurteilen, der Semantik, der Didaktik, den Absichten, den Untergruppen der erkennbaren Absichten und der verborgenen, den Wirkungen, den spontanen und den nachhaltigen, dem Adressatenkreis, den beeinflussbaren und den resistenten und sicher noch einigen Aspekten mehr. Hier nur eine Aufzählung die mir spontan einfällt.

    Jedenfalls fallen mir beim täglichen Studium zweier Zeitungen, einem Landesblatt mit Lokalteil und einer „Zeitung für Deutschland“ diese unterschiedlichen Qualitäten, je nach Blatt und Redakteur und seiner – oft allzu sehr bekannten – „gefestigten Weltanschauung“ durchaus auf.

    Angesichts einer Meldung aus dem amerikanischen Wahlkampf frage ich mich allerdings, ob es sich bei der Diskussion um die deutsche Presse um akademische Fragen und Debatten handelt.
    Mit der als mikrotargeting benannten Methode, wesentliche Persönlichkeitsmerkmale aus wenigen operationalisierbaren Daten im Internet abzuleiten, also jenen Daten, die ein „user“ über Facebook als Likes o.ä. verbreitet hat, lassen sich offenbar Persönlichkeitsmerkmale ermitteln und darauf gezielte Meldungen und Meinungen verbreiten, die mit Mehrheiten bei Wahlen quittiert werden.

    Ob sich da ein paar kluge Minderheitenköpfe die Haare raufen oder feinsinnige Kommentare absetzen, spielt im Ergebnis wohl kaum eine Rolle.

    Mit den Wahlkampfmethoden in den USA geht die Psychologie der Massen, über die wir alles zu wissen glaubten, in eine völlig neue Runde und damit auch der kritische Blick auf die Medien.

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