Morgen vor 150 Jahren begann der Deutsch Dänische Krieg, der auch als Zweiter Schleswig Holsteinischer Krieg bekannt ist. Während die Medien hierzulande sehr ausführlich über den Ersten Weltkrieg berichten, dessen Ausbruch sich zum 100dersten Mal jährt, hat der Deutsch – Dänische Krieg für unser Nachbarland im Norden bis heute eine nachhaltige geschichtliche Bedeutung, die der des Ersten Weltkrieges bei uns in nichts nachsteht.
Den ersten Schleswig Holsteinischen Krieg 1848 bis 51 konnten die Dänen in der Schlacht bei Idstedt für sich entscheiden. Sie konnten den militärischen Sieg aber nicht diplomatisch umsetzen. Im Londoner Protokoll von 1852 wurden die politischen Zustände der Vorkriegszeit festgeschrieben. Dänemark behielt zwar die Herrschaft über die Herzogtümer Schleswig und Holstein, die Herzogtümer selber behielten aber ihre Eigenständigkeit. Über die Verfassungsfrage kam es zu Spannungen mit dem Deutschen Bund. Die Verfassung mußte vereinbarungsgemäß für das dänische Kernland sowie die Herzogtümer Schleswig und Holstein gleichermaßen gelten. Eine liberale Verfassung wie im dänischen Kernland gefordert hätte über kurz oder lang zur Abspaltung des Herzogtums Holstein und ggf. auch des Herzogtums Schleswig geführt, in denen starke nationalliberale Bewegungen deutschgesinnter Schleswiger und Holsteiner bestanden. Ihre Zielsetzung war die Loslösung von Dänemark und die Aufnahme in den Deutschen Bund als eigenständige politische Einheit. Nationalliberale dänisch gesinnte Schleswiger strebten eine engere Bindung an den dänischen Staat an, auch unter Inkaufnahme der Loslösung von Holstein. So schloß die neue dänische Verfassung zwar Schleswig in ihren Geltungsbereich ein, Holstein aber nicht.
Dies wurde vom Deutschen Bund als Bruch des Londoner Abkommens angesehen. Im Dezember 1863 besetzten Bundestruppen Lauenburg und Holstein. Am 14. Januar 1864 erklärten Österreich und Preußen, daß sie gegenüber Dänemark unabhängig vom Deutschen Bund handeln werden und stellten zwei Tage später ein Ultimatum. Dänemark sollte die Novemberverfassung aufheben und das Herzogtum Schleswig räumen. Eine Aufhebung der Novemberverfassung war aus juristischen Gründen nicht möglich, Dänemark ließ das Ultimatum verstreichen.
Die Kampfhandlungen des Zweiten Schleswig Holsteinischen bzw. Deutsch-Dänischen Krieges begannen am 1. Februar bei Rendsburg. Preußische und Österreichische Truppen überschritten die Eider, die die Schleswig – Holsteinische Grenze markierte. Die erste dänische Verteidigungslinie verlief entlang des Dannewerkes. Sie wurde von den Österreichern ab dem 3. Februar frontal angegriffen. Die Preußen versuchten gleichzeitig, die Schlei bei Missunde zu überqueren und die dänische Verteidigung zu umgehen, um den Dänen in den Rücken zu fallen. Der Versuch in Missunde wurde abgewehrt, der Übergang über die Schlei gelang aber am 6. Februar bei Arnis.
Die dänischen Truppen mussten sich zurückziehen, um nicht eingekesselt zu werden. Hierbei kam es am selben Tag bei Oeversee zu einem Gefecht zwischen Österreichern und Dänen. Entsetzt vom Leid auf dem Schlachtfeld machten sich Flensburgerinnen und Flensburger auf den Marsch nach Oeversee, um die Verwundeten und Gefangenen zu versorgen. Dieses Ereignis entspricht dem damaligen humanistischen Geist. Die Gründung des Roten Kreuzes und die Erste Genfer Konvention fallen ebenso in diese Zeit wie 10 Jahre zuvor die Pflege von Verletzten und Erkrankten im Krimkrieg durch Florence Nightingale und die in Deutschland nahezu unbekannte Mary Seacole.
Nach dem Rückzug bezogen die dänischen Truppen die – noch nicht vollständig ausgebauten – Stellungen auf den Düppeler Schanzen, die den Übergang nach Sonderburg auf der Insel Alsen sicherten. Hier standen sie den preußischen Truppen gegenüber, während die Österreicher die Festung Fredericia belagerten. Vor Düppel entbrannten erbitterte Kämpfe. In Anbetracht der in London anlaufenden Friedensverhandlungen versuchten beide Seiten, durch die Eroberung oder durch die Verteidigung die Voraussetzungen für eine starke Verhandlungsposition zu schaffen.
Den Preußen gelang es, die Düppeler Schanzen am 18. April 1864 zu erstürmen.
Entscheidend für den preußischen Erfolg waren die neuartigen Kanonen der Firma Krupp, die auch auf große Reichweite immer noch präzise und wirkungsvoll treffen konnten und die Stellungen der Dänen sturmreif schossen. Es wird immer wieder behauptet, daß die Einführung des Zündnadelgewehres bei den preußischen Truppen kriegsentscheidend war. Das ist meines Wissens nicht richtig. Diese Waffe, die gegenüber dem bis dahin üblichen Vorderlader im Liegen, also in der Deckung, nachgeladen werden konnte und ein schnelleres und genaueres Treffen ermöglichte, war nur bei wenigen Truppenteilen verfügbar. Dort zeigte sich aber die deutliche Überlegenheit des neuen Gewehres.
Die Friedensverhandlungen waren erfolglos und wurden abgebrochen, der Krieg wurde fortgesetzt. Die Preußen eroberten Sonderburg und die Insel Alsen, die Österreicher rückten in Jütland weiter vor. Dänemark geriet in eine immer bedenklichere Position und mußte an den Verhandlungstisch zurückkehren. Dabei mußten weiter gehende Zugeständnisse an Österreich und Preußen gemacht werden. Mit dem Frieden von Wien im Oktober wurde der Krieg beendet.
Preußen erhielt die Herzogtümer Sachsen Lauenburg und Schleswig, das Herzogtum Holstein fiel an Österreich.
Dänemark, das 1814 bereits Norwegen an Schweden abtreten mußte, verlor erneut einen erheblichen Teil seines Territoriums, einschließlich der nach Kopenhagen zweit- und drittgrößten Städte (Flensburg und Kiel). Damit ging der Verlust von ca. 40% der Bevölkerung einher.
Nur zwei Jahre später wurde Holstein von Preußen annektiert. Preußen trat aus dem Deutschen Bund aus und erklärte Österreich den Krieg. Hier konnten die Preußen am 3. Juli 1866 in der Schlacht bei Königgrätz den entscheidenden Sieg erringen, wobei hier erstmalig in großem Rahmen Zündnadelgewehre zum Einsatz kamen. Darüber hinaus fanden sowohl Telegrafen zur schnellen Informationsübermittlung wie auch Eisenbahnen zur schnellen Verlegung von Truppen Einzug in die Kriegsführung in Europa. Die Schlacht bei Königgrätz legt die weitere Entwicklung in Richtung auf eine Kleindeutsche Lösung, also die Bildung eines Deutschen Staates ohne Österreich, fest. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 wird durch den Sieg in der Schlacht bei Sedan der Kristallisationskern für die Deutsche Reichsgründung gelegt.
Die militärischen Siege von Düppel, Königgrätz und Sedan gehören zum Gründungsmythos des Deutschen Reiches und waren im damaligen kollektiven Bewußtsein fest verankert. Sie sind nach meiner Einschätzung mit einer der Gründe dafür, daß die Überhöhung des Militärischen, der preußische Militarismus, bestimmend für die geschichtliche Periode des Deutschen Reiches ist.
Obwohl die Dänen bei Düppel geschlagen wurden, bildete die erbittert geleistete Gegenwehr die Wurzel für den Mythos des Dänischen Widerstandswillens. Politisches Versagen und militärische Fehlentscheidungen werden verdrängt, Symbolisch hierfür steht der Anstecker der Mühle von Düppel, der in Dänemark sehr bekannt sein soll.
Nach der preußischen Annexion und dem darauf folgenden Übergang in das Deutsche Reich begann der dänisch gesinnte Bevölkerungsanteil im Landesteil Schleswig zunehmend, die eigene kulturelle Identität hervorzuheben und zu stärken. Dänische Vereine wurden gegründet und mit dem Flensborg Avis erscheint eine dänischsprachige Zeitung. Bei den Wahlen verläuft die Grenze zwischen mehrheitlich dänisch wählenden und mehrheitlich deutsch wählenden Schleswigern in etwa entlang der heutigen Staatsgrenze, wobei es in Flensburg mit ca. 52% dänischem Stimmanteil eine hauchdünne Mehrheit gibt.
Durch den Wegfall der Zollgrenze an der Elbe erschließen sich neue Märkte, gleichzeitig treten starke Konkurrenten auf. Besonders die Flensburger Tabak- und Spirituosenindustrie leiden. Die guten Handelsbeziehungen zwischen Dänemark und England fallen weg, das beeinflußt besonders den Export landwirtschaftlicher Güter. Durch die Entwicklungen im Ackerbau verdrängt die Zuckerrübe den Rohrzucker, in Folge brechen die Importe von Zucker aus der Karibik ein. Dazu kommt, daß sich die karibischen Märkte für den Handel mit den geographisch deutlich besser gelegenen USA öffnen und die Versorgung der westindischen Inseln entfällt. Die traditionellen Handelsbeziehungen mit der Karibik werden bedeutungslos. Das hat grundlegende Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben, wobei die negativen Einflüsse durch andere Entwicklungen kompensiert werden. Die Niederlage 1864 ist nicht die Ursache für diese Entwicklungen, sie beschleunigt sie aber.
Durch die Eisenbahn sowie die Kreisbahn wird das Hinterland in Nordschleswig und Angeln deutlich besser erschlossen. Flensburg entwickelt sich zum zentralen Ort in der Region. In der Gründerzeit nach 1871 kommt es zur Gründung der Flensburger Dampfschifffahrtgesellschaft und der Flensburger Schiffbaugesellschaft, die 1900 das größte private Unternehmen in Flensburg sein soll.
Hinzu kommen die Aktienbrauerei und eine Privatbank zur Finanzierung der Investitionen.
Mit der Industrialisierung verdreifacht sich die Bevölkerung Flensburgs bis 1900 auf ca. 60.000 Einwohner. Damit verändert sich auch die Einwohnerstruktur. Mit dem Erstarken der SPD als Reaktion auf die sich wandelnden gesellschaftlichen Zustände verliert die nationale Frage an Bedeutung, soziale Fragen treten in den Vordergrund.
Dennoch spielt die Nationalitäten- und Minderheitenfrage nach 1918 und 1945 eine bedeutende Rolle im nicht immer unbelasteten Zusammenleben von Deutschland und Dänemark. Stets gibt es auf dänischer Seite die Furcht vor einem übermächtigen Deutschland. Nach Aussage des ehemaligen dänischen Ministerpräsidenten und NATO-Generalsekretärs Fogh Rasmussen tritt Dänemark erst nach Ende des Kalten Krieges und mit der Teilnahme an den militärischen Einsätzen in Afghanistan und im Irak aus dem Schatten der Niederlage von 1864 heraus.
Der Krimkrieg (1853 – 1856), der Amerikanische Bürgerkrieg (1861 – 1865), der Deutsch-Dänische Krieg (1864) und der Preußisch-Österreichische Krieg (1866) sind als erste moderne Kriege zu betrachten. Technische Entwicklungen beeinflussen die Kriegsführung. Hinterlader, mehrschüssige Gewehre, Maschinengewehre, leistungsfähige Kanonen, der Einsatz von Ubooten und gepanzerten Schiffen, die Blockade von Häfen, die Vernichtung der Lebensgrundlagen in ganzen Landstrichen, die Nutzung der Eisenbahn für die strategische Verlegung von Truppen, die Nutzung der Telegrafie zur Informationsübermittlung, der Einzug der Fotographie in die Medien und die Kriegsberichterstattung und die Reglementierung zum Schutz von Verwundeten und Zivilisten zeigen Entwicklungen auf, die sich 1914 im Ersten Weltkrieg fortsetzen werden.
Grundlage des Beitrags ist eine Vortragsveranstaltung, den ich gestern bei der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte gehört habe. Dort wurden sechs Vorträge von jeweis 15 Minuten gehalten. Aufgrund der späten Stunde verzichte ich jetzt darauf, den Beitrag korrekturzulesen und Bilder einzufügen.