“Gerberhof”, Brief an den SteU

Vor kurzem erhielten die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt einen Brief zum Thema Gerberhof. Ich habe die Absenderin angeschrieben, ob ich den Inhalt des Briefes in meinem Blog veröffentlichen darf. An dieser Stelle bedanke ich mich für die freundliche Genehmigung:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Paustian,
sehr geehrte Damen und Herren Fraktionsvorsitzende und Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt!

Bitte verzeihen Sie mir, dass ich Ihre Zeit kurz in Anspruch nehme, aber wenn ich daran denke, dass der Gerberhof bald für immer verschwindet, überfällt mich Wehmut. Ich bin eine „Plönerin im Exil“, musste meine Heimatstadt verlassen, weil sie keinen Arbeitsplatz für mich hatte. So kann ich die Veränderungen aus der Distanz betrachten. Es ist oft schwierig, Veränderungen aus der Nähe wahrzunehmen, weil sie langsam und stetig erfolgen. Der Gerberhof ist zwar vom Denkmalschutz aufgegeben worden, aber er könnte gerettet werden. Polen haben Danzig sogar aus Schutt und Asche wieder aufgebaut. Was für ein Glück!
Das Geld und die wirtschaftliche Kraft, das historische Gebäude wiederherzustellen, habe ich nicht. Und zweifellos sind schöne neue Wohnungen, die der Investor bauen will, einschließlich der Arbeitsplätze, die er damit schafft, ein Segen für die Stadt.
Trotzdem erkenne ich eine Bestätigung meiner etwas nostalgischen Sichtweise schon darin, dass Plön sich als traumhaft gelegene Stadt bezeichnet und mit dem Schloss als Wahrzeichen wirbt. Wenn Herr Fielmann sich der Sache nicht angenommen hätte, wäre das Schloss heute vielleicht in demselben Zustand wie der Gerberhof. Warum sind uns denn historische Gebäude so wichtig? Paris ist ein einziges Museum derartiger Gebäude, man hat mehr als ein Stadtviertel aus den Ruinen wieder auferstehen lassen. Aber genauso wichtig ist jeder Heimatort und für uns Plön, einst eine wahre Perle, in der unsere Vorfahren gelebt und gewirkt haben. Es sind unsere eigenen Wurzeln, um die es hier geht, um den Zauber und die Geborgenheit, die die Bauten unserer Vorfahren ausstrahlen.  Aus gutem Grund werden auf der Homepage der Stadt Urlauber und Besucher  mit dem Slogan „Shoppen im historischen Ambiente“ angesprochen. Eine Stadt, die einst Residenz der Plöner Herzöge und des dänischen Königs war, sollte ihrem Ruf auch gerecht bleiben. Ein Gerberhof!  Welche Stadt kann mit so einem Kulturgut aufwarten? Und in der Regel gewinnt alles, was rar ist, mit fortschreitender Zeit noch an Wert, ist also eine Investition in die Zukunft. Daher ist meine Hoffnung, dass man wenigstens die Fassaden wieder aufbauen könnte. Sonst bleibt nur, den Gerberhof in allen Details zu fotografieren, so dass spätere Generationen ihn wieder aufbauen können, wenn es für sie von Bedeutung sein sollte. Heimatliebe, Pflege der eigenen Wurzeln, Erkenntnis der eigenen Kultur und Identität gibt die Kraft und die Differenzierungsfähigkeit, um auch die Eigenheiten anderer Kulturen zu erkennen und wertzuschätzen.
Ich wünsche Ihnen ganz viel Glück und gutes Gelingen bei dieser schwierigen Aufgabe, die kleine Stadt Plön zu erneuern
und den ihr eigentümlichen Charakter zu erhalten.

Viel Erfolg und herzliche Grüße aus Niebüll

Heinke Wölk-Koopmann

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