Offener Brief zum Gänsemarktviertel

Ich mache mir nach wie vor große Sorgen, daß die Stadt bei der Gestaltung des Gänsemarktviertels ihr Mitspracherecht faktisch aus der Hand gibt. Die öffentliche Diskussion beschränkt sich im Moment darauf, ob die drei Buchen nicht doch erhalten werden können. Die aus meiner Sicht viel wichtigeren Fragen, nämlich: “Wie soll das Viertel aussehen?” und “Wie soll der Bau aussehen, der anstelle des historischen Gerberhofes entsteht?”, werden überhaupt nicht behandelt.
Daher habe ich einen offenen Brief an meine Kolleginnen und Kollegen im Rat sowie zusätzlich an das bürgerliche Mitglied im Ausschuß geschrieben.

Hier noch einmal der Link auf meinen Beitrag mit dem Modell, wie das Viertel bis vor 10 Tagen hätte aussehen sollen und nachfolgend der Text meines Briefes, auch wenn sich im zweiten Absatz ein Copy-Paste-Fehler eingeschlichen hat:

“in der Sitzung des SteU am vergangenen Mittwoch (17. Februar 2015) stand als Tagesordnungspunkt 7 der Bebauungsplan 7c (Gerberhof und den Bereich zwischen Gerbertwiete, Lübecker Straße, Rodomstorstraße, Gänsemarkt und
Am Schwanenweg 2) auf der Tagesordnung.

Ausgehend von einem Ortstermin am Dienstag der Vorwoche (09. Februar), bei dem die drei ortsbildprägenden Buchen begutachtet wurden. Ziel war, eine Lösung für die Erschließung des Baugebietes sicherzustellen. Dabei wurde festgestellt, dass die Bäume von einem Pilz befallen und nicht mehr standsicher sind. In Folge wird die Fällung empfohlen.

Bereits drei Tag später, am Freitag, dem 12. Februar, wurde ein völlig überarbeiteter Entwurf des Bebaungsplanes in die Post gegeben. Den meisten Mitgliedern des Ausschusses ging die Post erst am Tag der Ausschußsitzung zu.

In dieser offenbar in Rekordtempo entstandenen Überarbeitung des Entwurfes des Bebauungsplanes sind viele der mühsam erarbeiteten Kompromisse bezüglich der Gestaltung des Neubaugebietes und des Ersatzbaus für den historischen Gerberhof (Gebäude Lübecker Straße 9) nicht mehr berücksichtigt.

Die zu Beginn des Planungsvorganges angebotenen Lösungen einer „Blockbebauung“ oder einer „Stadtvillenbebauung“ wurden letztendlich zugunsten einer „Altstadtvariante“ verworfen.
Die „Altstadtvariante“ wurde gemeinsam von der Verwaltung und dem Investor entwickelt und sollte sich an der Bebauung orientieren, die im Bereich Rodomstorstraße und Gänsemarkt vorhandenen sind. Diese Lösung fand die ausdrückliche Zustimmung des Ausschusses.
Von dieser Lösung ist im neu vorgelegten Entwurf nichts mehr zu finden, obwohl sie trotz der Fällung der Buchen hätte beibehalten und sogar fortgeführt werden können.

Auch bezüglich der Gestaltung der Fassade des Gebäudes Lübecker Straße 9 (Alter Gerberhof) gab es im Ausschuß nach kontroverser Diskussion eine Mehrheit für eine Gestaltung, die sich am bisherigen  Gebäude orientiert und sich in den vorhandenen historischen Straßenzug einfügt.
Statt dessen steht im neu vorgelegten Entwurf folgende Formulierung: „Der neue Baukörper nimmt die Gebäudestellung des historischen Baukörpers nahezu vollständig auf und entwickelt diese in architektonisch moderner Formensprache weiter“. Das entspricht einer völligen Verkehrung der bisher vorgesehenen Gestaltungsvorgaben in ihr genaues Gegenteil.

Obwohl ich den Eindruck hatte, daß sie Selbstverwaltung hier überrumpelt werden sollte, will ich das Vorgehen unter Berücksichtigung der Zeitlinie und der offenbar vorhandenen elektronischen und postalischen Verteilungsprobleme nicht weiter interpretieren.

Mir kommt es darauf an, dass der Gestaltungswillen der Stadt durchgesetzt wird. Wir sollten uns nicht darauf einlassen, von den gestalterischen Vorgaben, die im Fachausschuß bereits mehrheitsfähig waren, abzuweichen, nur weil hier ein künstlicher Zeit- und Entscheidungsdruck aufgebaut wird, der aus fachlicher Sicht durch nichts zu rechtfertigen ist.

Ich würde mich freuen, wenn Sie sich noch vor der Sondersitzung des SteU am 02. März 2016 in ihren Fraktionen mit dem Thema befassen, damit wir zu einer Lösung kommen, die den bisher erreichten Konsenz berücksichtigt und dem Erscheinungsbild unserer Stadt gerecht wird.”

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