Zum Einsatz der Bundeswehr über Syrien

Ich habe die letzten Tage keine Muße gehabt, zu bloggen. Heute befasse ich mich mal mit der Weltpolitik.

Ich bin nicht grundsätzlich gegen den Einsatz der Bundeswehr im Ausland, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Zustimmung des Bundestages zum Einsatz der Bundeswehr gegen die IS die beste Entscheidung war.

Ob der gestern beschlossene Einsatz wirklich hilft, die Region zu stablisieren, wage ich zu bezweifeln. In Syrien überkreuzt sich die schiitische Interessenlinie Islamische Republik Iran, Assad und Hisbollah mit der sunnitisch-wahabistischen Linie inoffizielle Türkei, IS, inoffizielles Saudi-Arabien. Die ersten werden aus nationalen Interessen von Russland unterstützt, die anderen aus genau den gleichen nationalen, aber entgegengesetzten Interessen von mehreren westlichen Staaten. Zusätzlich streben die Türkei und der Iran eine regionale Vormachtstellung an.

Hinzu kommt noch, dass der französische Präsident demonstativ handeln mußte, weil Frau LePen ihm bei den bevorstehenden Wahlen im Nacken sitzt.

Es gibt in der Region also eine unheimlich komplexes Geflecht von unterschiedlichen Interessen, von denen sich die meisten widersprechen. Daher wird im multinationalen Rahmen keine Einigung zu erzielen sein, wie eine Friedensordnung – besser ein Zustand ohne Krieg – aussehen soll. Das ganze wird uns noch sehr lange beschäftigen.

Syrien selber ist auch sehr unübersichtlich. Die Opposition ist völlig zersplittert. Ich wüßte nicht, welche Oppositionspartei im Ansatz demokratische Ziele verfolgt und gleichzeitig in der Lage ist, nach einer Machtübernahme die innere Ordnung in Syrien wieder herzustellen.

Darüber hinaus haben die Erfahrungen in Afghanistan und im Irak gezeigt, daß die von US Vetreidigungsminister Rumsfeld seinerzeit propagierte “Revolution in Military Affairs” nicht funktionierte. Einen Krieg gewinnt man nicht aus der Luft und vermutlich auch nicht im Informationsraum. Die Informations- un Luftüberlegenheit ist zwar eine wesentliche Voraussetzung, am Ende entscheiden aber “Boots on the Ground”. Davor scheuen im Moment alle einschließlich der Russen und Amerikaner zurück, vermutlich aus gutem Grund.

Al Kaida ist eine nicht an ein Territorium gebundene Terrororganisation, der IS ist eine Terrororganisation, die eine Art Staatswesen organisiert sowie ein Territorium beansprucht und beherrscht. Damit ist sie mit “klassischen” Mitteln angreifbar.
Das hilft aber nicht weiter, wenn man sich nicht schnell darüber einig wird, wie die Ordnung danach aussehen soll.

Das politisch-strategische Ziel soll die Solidarität mit Frankreich und die Verteidigung der europäischen Werte sein. (Die Menschenrechte sind im übrigen universelle Werte, auf deren Wahrung sich alle Staaten, die in der UN vertreten sind, verpflichtet haben). Ich vermisse leider eine klare Definition, welche konkreten und erreichbaren politischen und militärischen Ziele mit dem Einsatz erreicht werden sollen und anhand welcher meßbaren Kriterien man beurteilen will, ob die Ziele erreicht wurden. Bis das erfolgt ist, hat das Ganze für mich eher den Beigeschmack von Symbolpolitik und Durchwursteln.