Lieber keine als eine teure Planung

Die Stadt Plön war verpflichtet, bis zum 31. Dezember letzten Jahres eine Kälte- und Wärmeplanung (KWP) abzugeben.
Grundlage für diese Verpflichtung ist das Schleswig Holsteinische Energiewende und Klimaschutzgesetz (EWKG)
Die Verpflichtung gilt u.a. für Gemeinden, die Unterzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums sind. Plön gehört also dazu.
Das Land Schleswig Holstein wurde nach meinen Kenntnisstand darüber informiert, dass der Beschluss durch die Ratsversammlung noch aussteht, auch wenn das aus dem Transportschreiben nicht hervorgeht.

Um es vorwegzunehmen: Ich bin der festen Überzeugung, dass bei der Erstellung der Kälte- und Wärmeplanung, die uns jetzt vorgelegt wurde, das Verfahren nicht eingehalten wurde. Es wurde möglicherweise gegen das Haushaltsrecht verstoßen, aber ganz sicher hat keine vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden, die den Minimalanforderungen an eine Öffentlichkeitsbeteiligung genügt.

Warum wurde nach meiner Auffassung gegen das Haushaltsrecht verstoßen? Für alle Entscheidungen, bei denen Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung beschlossen werden, soll unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch Vergleich der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden. (Gemeindehaushaltsverordnung § 12, Anm. 1)
Auch wenn mit der Kälte- und Wärmeplanung keine direkte Investition ausgelöst wird, so wird indirekt doch eine strategische Richtungsentscheidung getroffen, die direkte Investitionen in erheblichem Umfang nach sich zieht. Beschluss der Planung zieht logischerweise auch deren Umsetzung nach sich. Alles andere wäre absurd.

Die Erstellung einer Kälte- und Wärmeplanung wurde offenbar Anfang Juni 2025 von der Verwaltung in Auftrag gegeben. In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Umwelt und Energie am 04. Juli 2024 wurden die Mitglieder des Ausschusses und der Lenkungsgruppe über die weitere Vorgehensweise informiert. Eine Festlegung auf Nahwärmenetze ist damit nicht erfolgt, auch wenn in der Präsentation stark auf die Vorzüge von Wärmenetzen hingewiesen wurde. Aus dem Beschluss geht lediglich hervor, dass es um die Kenntnisnahme des Planungsverfahrens ging.

Ich hätte erwartet, dass man im weiteren Verlauf des Verfahrens zur Erstellung der Kälte- und Wärmeplanung einen Vergleich von echten Alternativen durchführt hätte und damit auch eine echte Entscheidungsgrundlage für die Mitglieder der Ratsversammlung schafft.
Dafür zu sorgen sehe ich als Aufgabe unserer Verwaltung an. 

Wie hätte eine Alternativenprüfung aussehen können?

Als Alternativen wären zu vergleichen gewesen:
Alternative 1 / zukünftige klimaneutrale Wärmeversorgung in Plön durch den weitestgehenden Ausbau von Wärmenetzen, Verzicht auf Wärmenetze nur dort, wo es technisch nicht machbar ist.
Alternative 2 / zukünftige klimaneutrale Wärmeversorgung in Plön durch Einzelanlagen (z.B. private Wärmepumpen oder Pelletheizungen), Wärmenetze nur dort, wo der Bau von Einzelanlagen nicht möglich ist.

Nachfolgend erst einmal eine kurze Betrachtung der Vor und Nachteile der jeweiligen Alternativen.  Sie erhebt kein Anspruch auf Vollständigkeit und absolute Richtigkeit, aber sie entspricht meinem jetzigen Informationsstand. 

Alternative 1 / Wärmenetze
Vorteile:
– Umsetzung der Vorgaben der Klimagesetzgebung, sofern erneuerbare Energien zum Einsatz kommen.
– Unkompliziert für die Abnehmer der Wärme, keine Wartung, keine Prüfungen (Schornsteinfeger*in)
Nachteile:
– Anschlusskosten vergleichbar mit den Investitionskosten bei Einbau einer Wärmepumpe
– Über Kredit zu finanzierender hoher Investitionsbedarf für den Bau der Wärmenetze bei einer Beteiligung der Stadt an deren Bau.
– Höherer Planungsaufwand für die Stadt Plön, damit verbunden der Aufwuchs des Personalumfangs und zusätzliche Kosten.
– Höhere laufende Kosten für die Bürger*innen und Bürger für die Wärmeversorgung
– Abhängigkeit von einem Monopolanbieter
– eingeschränkte Planungssicherheit für die Bürger*innen, da die letztendliche Entscheidung für den Bau erst in der Zukunft fällt und der Zeitpunkt der Inbetriebnahme offen ist.

Alternative 2 / Einzellösungen:

Vorteile:
– Umsetzung der Vorgaben der Klimagesetzgebung, sofern erneuerbare Energien zum Einsatz kommen.
– Keine oder nur geringstmögliche Kreditfinanzierung bei einer Beteiligung der Stadt am Bau der zwingend erforderlichen Wärmenetze.
– Geringerer Planungsaufwand für die Stadt Plön und ihre Verwaltung. Ggf. Verzicht auf Personalaufstockung.
– Individuelle Investitionsentscheidung für Bürger*innen in Abhängigkeit Ihrer jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit.
– Geringere laufende Kosten für Bürger*innen bei vergleichbaren Investitionskosten
– Hoher Grad an Planungssicherheit für Bürger*innen und Bürger
– Unabhängigkeit von einem Monopolanbieter

Nachteile:
– Keine Nachteile für die Stadt erkennbar
– Bürger*innen müssen selber die gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz umsetzen.
– Bürger*innen und Bürger müssen sich selber um Wartung/Instandsetzung ihrer Heizungsanlagen kümmern. 

Bewertung
Ich komme daher zu folgender Bewertung: Beide Alternativen sind annähernd gleich gut geeignet,  die Klimaschutzziele im Bereich Heizen in der Stadt Plön zu erreichen.
Finanzielle Risiken und Verwaltungsaufwand für die Stadt Plön sind bei der Alternative 2 deutlich geringer.
Die Kosten für die Bürger*innen und Bürger sind bei Alternative 1 und Alternative 2 in der Gesamtbetrachtung ähnlich, in der Einzelfallbetrachtung können sich Unterschiede ergeben.
Alternative 2 bietet den Bürger*innen sofortige Handlungssicherheit. Alternative 1 beinhaltet für die Bürger*innen eine Vielzahl an Unwägbarkeiten, da die Entscheidung für den Bau offen und der Zeitpunkt der Fertigstellung der Wärmenetze sehr schwer abzuschätzen ist.
In der Gesamtbetrachtung bietet die Alternative 2 deutliche Vorteile.

Empfehlung
Ich würde auf Basis meines Informationsstandes Alternative 2 / Bau von Wärmenetzen dort, wo Einzellösungen nicht möglich sind, ansonsten Einzellösungen auswählen. 

Anmerkung: Ich habe die Zeit genommen, um dieses Gerüst für eine  Alternativenprüfung zu erstellen. Angefangen: 16:41, beendet: 17:38. Damit habe ich eine knappe Stunde, genau genommen 57 Minuten benötigt. Klar ist, dass ich für die weitere Prüfung der Richtigkeit meiner Aussagen, die Angabe der Quellen ect. vermutlich noch einmal zwei Tage benötigen würde, um ein abgabefertiges Dokument zu erstellen. Das ist kein Aufwand, den man bei der Erstellung der Kälte- und Wärmeplanung nicht hätte bewältigen können. 

Ich bleibe bei meiner Auffassung: Bevor die Ratsversammlung eine strategische Planung beschließt, sind alle Alternativen ernsthaft und nachvollziehbar zu prüfen und gegeneinander abzuwägen. Dabei sind auch Risiken, Kosten und Folgekosten zu berücksichtigen. Anders kann man den Anforderungen des § 12 (1) Gemeindehaushaltsverordnung gar nicht gerecht werden.
Eine strategische Richtungsentscheidung zu treffen ohne eine Alternativenprüfung durchgeführt und dokumentiert zu haben, ist mit Sicherheit nicht im Sinne des Gesetzgebers und der kommunalen Aufsichtsbehörden.

Hinzu kommt, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht oder nicht korrekt durchgeführt wurde. Die Schleswig Holsteinische Gesetzgebung sieht für die Erstellung der Kälte- und Wärmeplanung eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor, auch wenn deren Durchführung von den Vorgaben der Bundesgesetzgebung abweichen kann. (Öffentliche Veranstaltung, Auslegung für 30 Tage, Anregungen geben und Bedenken geltend zu machen)

Die Öffentlichkeitsbeteiligung soll in einer Veranstaltung im November erfolgt sein. Mir ist davon im Moment nichts bekannt, aber da kann etwas an die vorbei gegangen sein, da ich etwas länger im Urlaub war. Weiß jemand mehr dazu? Beim googeln habe ich nichts gefunden? 

Nachträgliche Anmerkung (27. Januar 2025): Ich habe im November an zwei z.T. durchaus interessanten Informationsveranstaltungen teilgenommen. Die Verwaltung geht davon aus, dass damit die Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt ist.
Ich vertrete die Ansicht, dass eine Öffentlichkeitsbeteiligung bestimmten Kernkriterien erfüllen muss. Das wären:
-Informationsbereitstellung. Behörden oder Vorhabenträger müssen relevante Unterlagen öffentlich zugänglich machen.
– Mitwirkung der Öffentlichkeit: Die Öffentlichkeit hat das Recht, Stellungnahmen, Einwände oder Anregungen zu einem geplanten Vorhaben abzugeben.
– Berücksichtigung der Eingaben: Die eingegangenen Stellungnahmen müssen in der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.
– Rechtsbehelfmöglichkeit: Betroffene haben oft das Recht, gerichtliche Überprüfungen zu beantragen, wenn sie der Auffassung sind, dass ihre Beteiligungsrechte verletzt wurden.

Am 12. Dezember 2024 habe ich um die Übermittlung der Kälte- und Wärmeplanung im aktuellen Bearbeitungsstand gebeten. Ich wollte mich auf die erste Lenkungsgrupensitzung im Januar vorbereiten. Tags darauf wurde mir mitgeteilt, dass das nicht möglich wäre, weil an der KWP derzeit noch intensiv gearbeitet würde. Das ist natürlich irritierend.
Der derzeitige Bearbeitungsstand ist der derzeitige Bearbeitungsstand; in dem Bearbeitungsstand hätte man das Dokument übermitteln können. Für mich sind im Moment nur zwei Gründe ersichtlich, warum das Dokument nicht übermittelt wurde.
1. Zu dem Zeitpunkt hat die Kälte- und Wärmeplanung noch gar nicht als Entwurf existiert, Dann hätte der Öffentlichkeit im November aber auch noch gar nicht umfassend informiert werden können. Oder
2. es sollte verhindert werden, dass ich mich frühzeitig kritisch mit den Inhalten in dem Entwurf auseinander setze.
Auf jeden Fall wurde mir entweder vom Planungsbüro oder von der Verwaltung die Gelegenheit genommen, mich vor dem Treffen der Lenkungsgruppe im Januar über die Inhalte der Kälte- und Wärmeplanung zu informieren und mir einen Überblick über den Stand der Planungen zu machen. 

Uns als Selbstverwaltung (Ratsfrauen, Ratsherren und bürgerliche Mitglieder) wurde die fertige Planung Anfang Januar 2025 übermittelt und erstmals am Samstag, dem 18. Januar 2025 in einem nicht-öffentlichen Workshop erläutert. Vorher kann nach meinem Verständnis von Öffentlichkeitsbeteiligung eigentlich gar keine echte Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt sein. 

Für die Bürgerinnen und Bürger ist die Kälte- und Wärmeplanung erst seit Freitag, dem 24. Januar 2025 einsehbar. An dem Tag wurde sie als Anlage zur Tagesordnung im Bürgerinformationssystem veröffentlicht. 

Von daher kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass es im November eine öffentliche Vorstellung der Inhalte der Kälte und Wärmeplanung gegeben hat, die die Anforderung an eine Öffentlichkeitsbeteiligung (s.o.) auch nur im Ansatz erfüllt. 

Daraus folgt zumindest für mich, dass die uns vorliegende Kälte und Wärmeplanung unter selbst verschuldetem Zeitdruck nicht rechtskonform aufgestellt wurden und somit auch nicht rechtssicher ist.
Daher wäre ein Fehler, sie jetzt zu beschließen. Dieser Fehler könnte die Stadt nicht nur teuer zu stehen kommen, die Umsetzung von Maßnahmen könnten sich durch juristische Anfechtungen auch noch umkalkulierbar in die Länge ziehen. 

Es wurde in der Vergangenheit auch immer betont, dass aus der Kälte und Wärmeplanung keine Rechtsansprüche Dritter abgeleitet werden können. Das haben einige meiner Kolleg*innen bisher dahingehend interpretiert, dass die Planung quasi unverbindlich ist. Im Gegenzug habe ich immer betont, dass der Beschluss der Kälte- und Wärmeplanung die Verwaltung nach innen hin bindet.
Das scheint auch so zu sein, denn im Beschlussvorschlag der Verwaltung steht ausdrücklich: 

„- Die kommunale Wärme- und Kälteplanung dient der Stadt Plön auf ihrem Weg zur treibhausgasneutralen Wärmeversorgung als strategische Grundlage und ist bei planerischen und infrastrukturellen Aktivitäten, Verfahren und Baumaßnahmen zu berücksichtigen.
– Anpassungen der kommunalen Wärme- und Kälteplanung (inhaltliche oder räumliche Schwerpunktverlagerungen) erfordern einen Beschluss der Ratsversammlung.“

Das heißt nichts anderes, als dass die Ratsversammlung mit ihrem Beschluss der Verwaltung die Befugnis überträgt, die Inhalte der Planung umzusetzen. Das hieße: Mehr Personal, eine Kaskade von Untersuchungen und Machbarkeitsstudien, ein riesiger Verwaltungsaufwand. 

Das Mindeste wäre aus meiner Sicht, die einzelnen Maßnahmen unter einen Beschlussvorbehalt der Ratsversammlung zu stellen und jede einzelne Maßnahme im Haushaltsplan mit einem Sperrvermerk zu versehen. Der Hinweis über die Verfestigung von Stellen und den anvisierten Personalaufwuchs wäre zu streichen. 

Als Alternative dazu könnten wir im Hauptausschuss beschließen, dass das Fachbüro die Kälte- und Wärmeplanung bis zum Beschlusstermin am 19. Februar 2025 überarbeitet, Alternativen zu Nahwärmenetzen aufzeigt und einen nachprüfbaren Alternativenvergleich vorlegt. Damit hätten wir dann in der Ratsversammlung tatsächlich die Wahl darüber, wo die Reise hingehen soll.

Und wenn wir die Kälte- und Wärmeplanung gar nicht beschließen, dann ist das vermutlich auch nicht schlimm. 

Lieber gar kein Plan als ein Plan nach dem Motto: Koste es, was es wolle. 

Soweit ich informiert bin, und diese Information basiert im Moment ausschließlich auf HörenSagen, fallen wir dann unter die Regelung der Bundesgesetzgebung. Damit wäre vermutlich eine neue Kälte- und Wärmeplanung nach den Maßgaben des Bundes fällig. Das wäre vielleicht gar nicht das Schlechteste. 

Alles in allem finde ich auch die folgende Formulierung in der Vorlage problematisch: „Der nun vorliegende Abschlussbericht ist gem. § 7 (4) von der Ratsversammlung zu beschließen.“
(Anm. 2 Der Link ist unten eingefügt. )
Auch das scheint mir so nicht richtig zu sein. Wir müssen nicht diese, sondern eine Kälte- und Wärmeplanung beschließen, das wäre richtig. Im Energiewende- und Klimagesetz steht aber mit keinem Wort geschrieben, dass wir uns – koste es, was es wolle – eine Selbstverpflichtung  zum Bau von Nahwärmenetzen auferlegen müssen.

Das müssen wir nicht.

Das mindeste wäre aber, den ganzen Vorgang und die daraus folgenden Konsequenzen umgehend durch einen Fachjuristen bewerten zu lassen.Bevor diese Bewertung nicht vorliegt,

(Anm. 1)
Gemeindehaushaltsverordnung § 12 (1) Bevor Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung beschlossen werden, soll unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch Vergleich der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 41 und der Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden.

(Anm. 2)
https://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/bssh/document/jlr-EWKSGSHV1P7

Markenbildung und Geschichtsbewußtsein

Ich habe heute am Leitbild- und Markenbildungsprozess teilgenommen. Wenn es um derart „weiche“ Themen geht, bin ich immer etwas skeptisch. Dennoch – oder gerade deshalb – habe ich die Unterlagen im Vorfeld sorgfältig gelesen. Dabei sind mir zwei Punkte besonders aufgefallen:

1. Auf die Frage: Wie sehr lieben Sie/liebst Du die Stadt Plön? antworteten 64,4 %, also zwei Drittel der Befragten, mit” über alles” oder “sehr”.
Nur 7,4% der Befragten gaben an: “weniger” oder “gar nicht”.

2. In Jahr 2000 waren 29,4% der Bevölkerung über 50 Jahre alt, 2022 waren es bereits 53,7%
Im Jahr 2000 waren 50,7% der Bevölkerung zwischen 25 und 50 Jahren alt, 2022 waren es gerade einmal 25,4%.
Die Einwohner*innen unter 25 halten sich bei um und bei 20%.
Die Bevölkerungszahl im Kreis Plön wird nach aktueller Prognose bis 2030 um 5,7% sinken.
Für Plön stagnieren die Zahlen seit 2018 mehr oder weniger bei 8940 Einwohner*innen.

Was leite ich für mich daraus ab:
1. Die meisten Plöner*innen fühlen sich in Plön wohl und leben gerne hier. Daraus folgt für mich, dass radikale Änderungen und Große Projekte, die geeignet sind, den Charakter der Stadt nachhaltig zu verändern, sehr kritisch betrachtet werden müssen. Vielmehr muss es darum gehen, die Grenzen des Wachstums zu akzeptieren. Statt auf Quantität muß man auf qualitative Verbesserungen setzen und damit den Ort vorsichtig weiter entwickeln. Die Rahmenbedingungen zum “Wohlfühlen” müssen für uns Plöner*innen erhalten bleiben.
2. Der demographische Wandel ist in vollem Gange. Er wird auch an Plön nicht vorbei gehen. Vielleicht betrifft er Plön aufgrund der attraktiven Lage nicht so stark wie andere Städte und Gemeinden des Kreises, die nicht im Kieler Speckgürtel liegen.
Da wir es nicht in der Hand haben, den landesweiten Trend umzudrehen, stellt sich die Frage, wie man auf die zunehmende Alterung bei stagnierenden Bevölkerungszahlen reagieren sollte. Im Moment habe ich da keine wirklich durchdachte Antwort parat. Derzeit, und vor allem auch in naher Zukunft, werden aufgrund des Alters der Bewohner*innen viele Einfamilienhäuser die Eigentümer*innen wechseln. Wie kann es gelingen, das hier junge Familien (25 bis 30) zum Zuge kommen und nicht gut betuchte „junggebliebene Alte“, die hier ihren Ruhestand genießen wollen? Kann man eine aktive Innenraumverdichtung betreiben, bei der Flächen von Einfamilienhäusern zusammengelegt und die vorhandenen Gebäude durch bedarfsgerechte Neubauten ersetzt werden?

In der Veranstaltung in der Tourist Info im Bahnhof wurden dann weiter am Leitbild- und Markenbildungsprozess gearbeitet.
Dazu wurden drei Kategorien genannt: “Plön als Lebensort”, “Plön als Wirtschaftsort” und “Plön als Erholungsort”. Diesen drei Kategorien wurden neun Attribute zugeordnet: 1. “See und Wasser”, 2. “aufgeschlossen und interessiert”, 3. “entschleunigend”, 4. “geschichtsbewußt”, 5. “verbindend”, 6. “lebenswert”, 7. “liebenswert”, 8. “prägend” und 9. “naturschön”.
Die ca. 40 Teilnehmer*innen wurden in drei Gruppen geteilt uns sollten dann erarbeiten, wie die Eigenschaften der unterschiedlichen Kategorien „Ort“ anhand der vorgegebenen Attribute beschrieben werden können. Das ist nicht einfach, weil es vielfache Überschneidungen gibt.

Dabei kam nach meiner Ansicht wenig neues heraus, aber manches zu Tage, was zumindest bei mir in Vergessenheit geraten war. Besonders interessant fand ich auch den Hinweis, dass es bei der Attraktivität der Innenstadt ganz entscheidend auf den Mix unterschiedlicher Einzelhandelsangebote ankommt. Darüber hinaus sollen die Pachten für Gewerberäume in den vergangenen Jahren deutlich gesunken sein. Der Wirtschaftsförderer der Stadt gibt sich viel Mühe, neue Betriebe in leerstehende Gewerbeflächen zu bekommen. Einfach ist das offenbar nicht.

Jetzt wird es daraus ankommen, aus den ganzen Ergebnissen einen Markenkern herauszuarbeiten, der so abstrakt ist, dass er Plön charakterisiert und von der breiten Mehrheit mitgetragen wird.

Besonders vorsichtig bin ich immer beim Begriff „geschichtsbewußt“, zumal die Erziehung der Söhne des letzten deutschen Kaisers in Plön im Markenbildungsprozess als „Alleinstellungsmerkmal“ genannt wurden. Ich habe mich in der Sitzung eindeutig dagegen ausgesprochen, die Prinzen hier als Alleinstellungsmerkmal herauszustellen.
Nach meiner Auffassung geht man in Plön sehr beschönigend mit dem „Geschichtsbewußtsein“ um.
Der Blick auf die Rolle von Königin Auguste-Viktoria wird in Plön gerne auf die fürsorgende Mutter verengt, die nach Plön kam, um ihren Kindern, den Prinzen, näher zu sein. Ihre politische Rolle im Kaiserreich und der Einfluß auf ihren Mann muß allerdings kritisch hinterfragt werden und ist davon nicht zu trennen.
Gleiches gilt für die Rolle der Prinzen selber. Auf den ersten Blick verbindet man mit Prinzen kleine Jungs mit Krönchen wie aus dem Märchenbuch. Das mag für die frühe Jugend vielleicht noch im Ansatz gelten, ist aber von der späteren Rolle der Prinzen nicht zu trennen. Sie haben sich in unterschiedlicher Form mit der NSDAP und Adolf Hitler eingelassen. Im Rahmen des Versuches des Hauses Hohenzollern, Kulturgüter von Land Brandenburg zurückzufordern, wurde die Rolle der Prinzen im Zusammenhang mit dem Erstarken des Nationalsizialismus von vier Geschichtswissenschaftlern hinreichend untersucht. In einem lesenswerten Artikel setzt sich die Süddeutschen Zeitung in der Ausgabe vom 10. Dezember 2021 unter der Überschrift: „Zur Hohenzollern-Debatte     Wie die Adelsfamilie Historiker und Medien unter Druck setzt“ mit den Inhalten der geschichtswissenschaftlichen Gutachten und dem Umgang damit auseinander.
Wenn man sich allerdings die Ausstellung im Prinzenhaus ansieht, dann läßt auch die eine kritische Auseinandersetzung mit dem damaligen Erziehungssystem und dem Lebensweg der Prinzen vermissen. Man beschränkt sich in der durchaus gut gemachten Ausstellung aber im wesentlichen auf die Darstellung einer heilen Schülerwelt.