Beitrag zur Gottesbezugsdiskussion

Bei der im Moment laufenden Überarbeitung unserer Landesverfassung fordert eine Minderheit, daß der Gottesbezug in die Präambel aufgenommen werden soll. Beim Lesen der KN von gestern fielen mir gleich drei Leserbriefe zum Thema auf, die sich für das Vorhaben aussprachen.
Ich spreche mich dagegen aus. Ich bin für eine klare Trennung von Kirche und Staat. Glauben ist Privatsache, jeder nach seiner Fasson glücklich werden und glauben, was er will, solange er sich dabei auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung bewegt.
Unsere Landesverfassung funktioniert seit über einem halben Jahrhundert ohne Gottesbezug, und zwar gar nicht so schlecht. Es gibt keinen guten Grund, das zu ändern.

In der Diskussion wird von den Befürwortern immer so getan, als sei der christliche Glaube die Wurzel unseres heutigen Gesellschaftssystems. Diese Darstellung ist einfach falsch oder zumindest fahrlässig verkürzt.
Unsere Gesellschaft basiert auf drei Säulen:
1. Dem römischen Rechtssystem, das wir in Teilen mehr oder weniger übernommen haben und das unser ziviles Zusammenleben regelt.
2. Der Tradition des christlich-jüdischen Glaubens.
3. Der Aufklärung, die – nach der „Entdeckung“ des Individuums in der griechischen Antike – die Menschen- und Bürgerrechte formulierte, die später gegen den erbitterten Widerstand der Kirche erkämpft werden mußten.
Die Punkte eins und drei werden von den Befürwortern gerne verschwiegen.

Ein echtes Scheinargument, oder ein scheinheiliges Argument ist, daß wir ohne Gottesbezug die arbeitsfreien kirchlichen Feiertage dann ja auch gleich abschaffen könnten, alles andere wäre Rosinenpckerei.
Ja, das könnten wir, allerdings würden wir damit einer grrößeren Bevölkerungsgruppe, nämlich den gläubigen Christen, vor den Kopf stoßen. Wir haben auch jetzt – ohne Gottesbezug in der Verfassung – an ausgesuchten christlichen Feiertagen arbeitsfrei. Wenn diese Tage – als Trotzreaktion – gestrichen werden sollten, wären sie durch weltliche Feiertage zu ersetzen, z.B. den Tag des Grundgesetzes, den internationalen Frauentag, den Tag der Vernunft, vielleicht auch einen Tag der Wissenschaft, ein Tag des Rechts oder einen Kieler-Woche-Tag.

Einen direkten Zusammenhang zwischen Gottesbezug und arbeitsfreien Feiertagen herzustellen, ist ein schlichtweg idiotischer Gedankengang.

Die Trennung von Kirche und Staat ist noch heute eine gern gepflegte Illusion, wie am Beispiel des katholischen Kirchentag in Regensburg deutlich wird. Während der Zuschußantrag für den Deutsche Humanistentag aus formalen Gründen (Frist nicht eingehalten) abgelehnt wird (tatsächlicher Grund: fundamentale Ablehnung mit dem Argument „keine wirtschaftliche Relevanz“), wird der katholische Kirchentag in wie selbstverständlich mit 3.000.000,– Euro aus Steuermitteln bezuschusst.

Nach Angaben von „Augsburg Digital“ beschäftigten sich 2 von gut 1000 Veranstaltungen auf dem katholischen Kirchentag auch mit dem Thema Kindesmißbrauch durch Priester.
Hier ein dritter Beitrag, leider auf Englisch
http://www.youtube.com/watch?v=fHRDfut2Vx0

 

Täglich eine neue Sau

Ich habe in früheren Beiträgen kein Geheimnis aus meiner glaubenskritischen Haltung gemacht. Auch wenn es jetzt schon wieder vier Tage her und die Diskussion in Vergessenheit geraten ist, in einem knappen Jahr wird dieselbe Sau wieder erneut durchs Dorf getrieben. Daher überlasse ich es dem Leser zu beurteilen, ob ich mit meinem Beitrag etwas zu spät oder deutlich zu früh bin. Es geht um das Tanzverbot am K-Freitag. Nach meiner Ansicht ist es völlig verfehlt, hierfür eine Lockerung oder Abschaffung zu fordern.
Es gibt 52 Wochenenden im Jahr, also über 100 Frei- und Samstage sowie noch ein paar zusätzliche gesetzliche Feiertage. Da fallen zwei Feiertage mit Tanzverbot (neben dem k-Freitag noch der Totensonntag), verglichen mit der Bedeutung der beiden Feiertage, nicht so sehr ins Gewicht, auch wenn ich die wirtschaftlichen Gesichtsprunkte der Gastronomen, die Gründe für das anbiederische Verhalten der Jungen Liberalen und das Verlangen der Jugendlichen nach Unterhaltung gut verstehen kann.

Apropos Feiertage:  Neu ist die Forderung des Zentralverbandes der Muslime zur Einführung von zwei muslimischen Feiertagen. Nachdem der Buß- und Bettag und der Reformationstag zumindest in Schleswig Holstein  als gesetzliche Feiertage abgeschafft wurden – soweit ich mich erinnere, als Kompensation für die erhöhten Lohnnebenkosten, die mit der Einführung der Pflegeversicherung verbunden waren  – wäre die Einführung muslimischer Feiertage als gesetzliche Feiertage eine falsche Entwicklung und auch das falsche Zeichen. Sofern die Umsetzung der Forderung mit den argumenten Minderheitenschutz und Integration ernsthaft erwogen werden sollte, wäre die Forderung nach einem gesetzlichen jüdischen Feiertag ebenso zwangsläufig und berechtigt wie die Forderung nach einem Feiertag für Atheisten bzw. Agnostiker, die in der deutschen Gesellschaft eine wesentlich größere Minderheit als die Muslime darstellen.

Es ist ohne Zweifel ein völlig berechtigtes Anliegen, die islamische Religionsausübung aus den Schmuddelecken der Hinterhöfe herauszuholen und die religiöse Unterrichtung der Kinder nicht zweifelhaften Predigern zu überlassen, sondern durch staatlich qualifizierte Lehrkräfte als Unterrichtsfach in den Schulen anzubieten. Ein sehr viel bedeutender Beitrag zur Integration als die Einführung von zusätzlichen religiösen Feiertagen wäre die Verbesserung der Sprachkenntnisse von Menschen mit Migrationshintergrund. Daher wäre ich mehr für Einführung des Tages der Grundschullehrerin als gesetzlichem Feiertag. Grundschullehrerinnen – ich „gender“ dieses Wort jetzt nicht, da es kaum männliche Grundschullehrer gibt und Männer deutlich weniger betroffen sind – haben sich mit zum Teil mittelalterlichen Ansichten zu Themen wie Familienehre und anachronistischen Rollenverhalten kleiner Paschas herumzuärgern. Sie leisten mit ihrer täglichen Arbeit einen größeren Beitrag zur Integration als mit der Einführung von gesetzlichen Feiertagen mit islamischem-religiösem Hintergrund.

Abschließend hätte ich noch ein paar Vorschläge für gesetzliche Feiertage, die aus meiner Sicht mindestens ebenso berechtigt sind:
08. März / Internationaler Frauentag
22. April / Tag der Vernunft (Geburtstag von Immanuel Kant)
18. Mai / Zusammenkunft des ersten frei gewählten deutschen Parlaments in der Pauslkirche 1848
10. Dezember / Tag der Menschenrechte