Wie nudelig !

Eigentlich wollte ich heute etwas über Straßenlaternen schreiben, aber in der Ukermark tobt ein merkwürdig anmutender Streit mit höherem Unterhaltungswert. Die BBC hat bereits etwas dazu gebracht und selbst im fernen China soll darüber berichtet worden sein.
Es geht um 4 Hinweisschilder, mit denen die Kirche des fliegenden Spagettimonsters auf ihre freitägliche Nudelmesse hinweist.

In den USA gab es – und es gibt sie immer noch – in konservativ-klerikalen Kreisen Bestrebungen, die biblische Schöpfungslehre im Biologieunterricht als Intelligent Design gleichberechtigt neben der Evolutionstheorie zu unterrichten. Der Physiker Bobby Henderson hat daher die Kirche des fliegenden Spagettimonsters gegründet und gefordert, die Lehre vom Fliegenden Spagettimonster gleichberechtigt neben dem Kreationismus bzw. dem intelligent Design im Biologieunterricht zu vermitteln, weil beide mit dem gleichen Recht behaupten können, wissenschatlich nachweisbar zu sein.

Der Ansatz von Henderson richtet sich allerdings nicht gegen den Glauben an sich, sondern dagegen, daß Glaubensangelegenheiten durch die Behandlung als Naturwissenschaft die Prädikatsstempel “Wissenschaftlich”, Glaubwürdig” und “Nachweisbar” erhalten.

Mittlerweile hat sich die brandenburgische Kulturministerin in die Sache hineingehängt, obwohl der Vorgang nicht in ihre Zuständigkeit fällt.
Bei aller Liebe zum Spaß hat der Streit in der Ukermark auch etwas damit zu tun, in welchem Verhältnis Staat und Weltanschauungen und Religionen zueinander stehen und welchen Einfluß man ihnen zubilligt, welchen Schutz und welche Unterstützung man organisierten Gläubigen gewährt und welchen Schutz und welche Unterstützung man den nicht organisierten Gottlos Glücklichen gewährt oder vorenthält.

Die Vernachlässigung der Atheisten und Agnostiker und die völlige  Zuspitzung der Berichterstattung auf die drei großen monotheistischen Religionsgemeinschaften in der ganzen Diskussion um die Fragen “hat der Islam etwas mit islamistischem Terror zu tun” oder ob “der Islam nun zu Deutschland gehört oder eben auch nicht”, ist jeden Tag in der Zeitung zu beobachten. Mir ist nur ein Fall erinnerlich, in dem von Christen, Muslimen, Juden und Atheisten die Rede war.

Besonders stören mich in dem Zusammenhang mit der Diskussion zwei Dinge:

1. Die ständig wiederholte Behauptung, die europäische Gesellschaftsordnung hätte christlich-jüdische Wurzeln ist nur zum Teil richtig, also falsch. Die Aufklärung und das römische Rechtssystem haben einen mindestens ebenso großen Einfluß auf unser heutiges Gesellschatfs- und Wertesystem wie die vielbeschworenen christlich-jüdischen Wurzeln.

2. In der gesamten Berichterstattung wird fast ausschließlich von den begrüßenswerten Aufrufen der großen monotheistischen Religionen berichtet, die gemeinsam gegen den Terror stehen. Die größte, aber nicht organisierte, Glaubensgemeinschaft, die der Agnostiker und Atheisten, wird regelmäßig außer Acht gelassen.

Liebe Leute, auch der Atheismus gehört zu Deutschland.

Täglich eine neue Sau

Ich habe in früheren Beiträgen kein Geheimnis aus meiner glaubenskritischen Haltung gemacht. Auch wenn es jetzt schon wieder vier Tage her und die Diskussion in Vergessenheit geraten ist, in einem knappen Jahr wird dieselbe Sau wieder erneut durchs Dorf getrieben. Daher überlasse ich es dem Leser zu beurteilen, ob ich mit meinem Beitrag etwas zu spät oder deutlich zu früh bin. Es geht um das Tanzverbot am K-Freitag. Nach meiner Ansicht ist es völlig verfehlt, hierfür eine Lockerung oder Abschaffung zu fordern.
Es gibt 52 Wochenenden im Jahr, also über 100 Frei- und Samstage sowie noch ein paar zusätzliche gesetzliche Feiertage. Da fallen zwei Feiertage mit Tanzverbot (neben dem k-Freitag noch der Totensonntag), verglichen mit der Bedeutung der beiden Feiertage, nicht so sehr ins Gewicht, auch wenn ich die wirtschaftlichen Gesichtsprunkte der Gastronomen, die Gründe für das anbiederische Verhalten der Jungen Liberalen und das Verlangen der Jugendlichen nach Unterhaltung gut verstehen kann.

Apropos Feiertage:  Neu ist die Forderung des Zentralverbandes der Muslime zur Einführung von zwei muslimischen Feiertagen. Nachdem der Buß- und Bettag und der Reformationstag zumindest in Schleswig Holstein  als gesetzliche Feiertage abgeschafft wurden – soweit ich mich erinnere, als Kompensation für die erhöhten Lohnnebenkosten, die mit der Einführung der Pflegeversicherung verbunden waren  – wäre die Einführung muslimischer Feiertage als gesetzliche Feiertage eine falsche Entwicklung und auch das falsche Zeichen. Sofern die Umsetzung der Forderung mit den argumenten Minderheitenschutz und Integration ernsthaft erwogen werden sollte, wäre die Forderung nach einem gesetzlichen jüdischen Feiertag ebenso zwangsläufig und berechtigt wie die Forderung nach einem Feiertag für Atheisten bzw. Agnostiker, die in der deutschen Gesellschaft eine wesentlich größere Minderheit als die Muslime darstellen.

Es ist ohne Zweifel ein völlig berechtigtes Anliegen, die islamische Religionsausübung aus den Schmuddelecken der Hinterhöfe herauszuholen und die religiöse Unterrichtung der Kinder nicht zweifelhaften Predigern zu überlassen, sondern durch staatlich qualifizierte Lehrkräfte als Unterrichtsfach in den Schulen anzubieten. Ein sehr viel bedeutender Beitrag zur Integration als die Einführung von zusätzlichen religiösen Feiertagen wäre die Verbesserung der Sprachkenntnisse von Menschen mit Migrationshintergrund. Daher wäre ich mehr für Einführung des Tages der Grundschullehrerin als gesetzlichem Feiertag. Grundschullehrerinnen – ich „gender“ dieses Wort jetzt nicht, da es kaum männliche Grundschullehrer gibt und Männer deutlich weniger betroffen sind – haben sich mit zum Teil mittelalterlichen Ansichten zu Themen wie Familienehre und anachronistischen Rollenverhalten kleiner Paschas herumzuärgern. Sie leisten mit ihrer täglichen Arbeit einen größeren Beitrag zur Integration als mit der Einführung von gesetzlichen Feiertagen mit islamischem-religiösem Hintergrund.

Abschließend hätte ich noch ein paar Vorschläge für gesetzliche Feiertage, die aus meiner Sicht mindestens ebenso berechtigt sind:
08. März / Internationaler Frauentag
22. April / Tag der Vernunft (Geburtstag von Immanuel Kant)
18. Mai / Zusammenkunft des ersten frei gewählten deutschen Parlaments in der Pauslkirche 1848
10. Dezember / Tag der Menschenrechte