Nein, ich bin wirklich nicht Gilde

Am 16. September 2021 habe ich den Beitrag “Ich bin nicht Gilde” geschrieben. Zu diesem Beitrag hat ein Bekannter von mir und ein Mitglied der Gilde einen Kommentar geschrieben. Da mich die Argumentation in dem Kommentar nicht überzeugt und mir einige Fragen gestellt werden, möchte ich darauf antworten. 

Der besseren Lesbarkeit und des besseren Verständnisses wegen kopiere ich hier erst einmal den Kommentar. Im weiteren Verlauf des Beitrages ist dann meine Antwort zu lesen. 

Hallo Ingo,

ich bin ja etwas spät mit dem Lesen, aber nun möchte ich doch antworten.
Schließlich bin ich frischer Rekrut der Gilde 

Zunächst zum Ausspruch “Gilde ist Plön, Plön ist Gilde”.

“Gilde ist Plön” drückt die Verbundenheit der Gilde mit Plön aus. Dagegen ist nichts zu sagen, oder?

“Plön ist Gilde” meint jetzt sicher nicht, dass Plön und die Gilde ein und dasselbe wären, Plön in der Gilde aufginge oder alle Plöner sich als Gilde zu fühlen hätten. Du musst dich also nicht vereinnahmt fühlen.

Was ist denn Plön für dich? Für mich ist Plön alles das, was die Identifikation mit Plön stärkt, was zum Wohlfühlen in Plön und zum sozialen Zusammenhalt der Bürger beiträgt. Plön ist Schloss, Twieten und Seen, TSV und PSV, Chöre, Kirchengemeinde, Kulturverein, die Initiative Schönes Plön, für dich sicher auch der SPD-Ortsverein und nicht zuletzt eben auch die Gilde. Natürlich, jeder wird seine eigene Rangfolge haben, was für ihn die Verbundenheit mit Plön ausmacht, was Plön für ihn besonders macht. Und jeder wird einiges gar nicht nennen. Aber das, was für dich nicht wichtig ist, mag dennoch für Plön wichtig sein. Weil es eben einen wichtigen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt darstellt. Wie die Gilde in meinen Augen. Plön wäre ohne die Gilde ärmer, nicht mehr dasselbe. So verstehe ich “Plön ist Gilde”.

Und das hätte die Stadt nach 400 Jahren durchaus auch mit einem repräsentativen Geschenk anerkennen können.

Den historischen Abriss zur Zeit 1920-1950 hab ich nicht wirklich verstanden.

Du willst doch sicher nicht sagen, dass ich monarchistisch, nationalsozialistisch oder sonst irgendwie antidemokratisch gesinnt bin?
Oder irgendein anderer Gildebruder?
Dass andererseits die Gildebrüder immer auch Kinder ihrer Zeit waren, ist hingegen selbstverständlich und keinen Artikel wert.

Also, was willst du sagen?

Bleibt der Vorwurf, dass keine Frauen Mitglieder sind. Ja, und? Es gibt doch eine ganze Reihe Vereine, Chöre etc., die sich explizit nur an ein Geschlecht wenden. Gerade auch viele Frauenvereine. Ich kann das gut verstehen, dass Frauen oder Männer auch mal unter sich sein wollen. Und sie dürfen sich auch organisieren. Andererseits mag es auch gut sein, dass du selbst dich in einer reinen Männerrunde unwohl fühlst. Wie schön, dass wir alle unterschiedlich sind! Wie langweilig wäre die Welt sonst. Dann trittst du eben nicht ein.

Im übrigen: Die Gildeschwestern spielen tatsächlich eine wesentliche Rolle in der Gilde. Nicht einmal die Königswahl kann gegen die Gildeschwester stattfinden. Und natürlich macht Feiern ohne Frauen viel weniger Spaß. Sei also versichert, die Gildeschwestern fühlen sich in der Gilde wohl. Und einige bleiben ihr sogar als Witwe noch verbunden und kommen weiterhin zum Gildefest.

Vielen Dank noch für die Glückwünsche, wir hatten tatsächlich ein schönes Gildejubiläum.

Beste Grüße

Hans-Dirk

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Hallo Hans Dirk,

erst einmal vielen dank für Deinen sehr schönen und diplomatischen Kommentar als Erwiderung auf meinen Beitrag. Ich teile Deine Sicht der Dinge nicht oder zumindest nicht in den meisten Punkten.

Vielleicht war ich in meinem Beitrag zu diplomatisch und nicht klar genug. Ich versuche es noch einmal.

„Plön ist Gilde, Gilde ist Plön“ drückt zweifellos einen Alleinvertretungsanspruch aus. Beide Sätze werden in einem direkten Sinnzusammenhang genannt und sind auch in einem Sinnzusammenhang zu verstehen.
Deinem Ansatz, jeden Satz einzeln für sich zu interpretieren, kann ich nicht folgen.

Die Gilde kann wirklich nicht für sich in Anspruch nehmen, Plön zu sein, da sie über ihre Satzung schon einmal die Hälfte der Bevölkerung, nämlich die Frauen, als gleichwertige Mitglieder ausschließt.
Soweit ich das sehe, sind Frauen als Gildeschwestern nur gerne gesehen, wenn sie entweder die Frau oder Witwe eines Gildebruders sind.
Welchen Status hat eine Gildeschwester, wenn sie von einem Gildebruder geschieden wird?  Ich vermute einmal, daß sie als Gildeschwester nicht mehr akzeptiert wird. Das wäre Ausdruck eines sehr antiquierten Denkens, oder? 

Eine Frau hat natürlich die Möglichkeit, den Antrag auf die Aufnahme als gleichgberechtigtes Mitglied in die Gilde zu stellen, aber ich gehe davon aus, daß ein solcher Antrag unter Bezug auf die Satzung von vorn hinein abgelehnt wird.
Nein, das ist nicht das zeitgemäße Plön, das ich mir vorstelle.

Die Gildebrüder sind auch kein repräsentativer Schnitt durch den männlichen Teil der Bevölkerung. Ein Blick auf die Plakate : „Gilde zeigt Gesicht“ zeigt das. Gilde ist ein kleiner Teil von Plön, in dem sich überwiegend Honoratioren, Geschäftsleute und Funktionsträger zusammengetan haben.

Mein Standpunkt zu repräsentativen Geschenken in Zeiten klammer Kassen: 

In der Haushaltssitzung des Hauptausschusses wurde beschlossen, einem Sportverein einen Zuschuß von 2000,- Euro zu streichen. Dieser Zuschuß war dem Verein bereits zugesagt, da er im Ausschuß für Gesellschaftliche Angelegenheiten vorher bereits beschlossen wurde.
Nicht nur vor diesem Hintergrund erschienen mir 2000,- Euro für ein repräsentatives Geschenk für einen Verein, der nicht als gemeinnützig anerkannt ist, nicht als vertretbar. Daran ändert auch das 400 jähriges Jubiläum des Vereines nichts.
Soweit ich informiert bin, läßt der Bürgermeister ja auch schon daran arbeiten, der Gilde ein hübsches Geschenk zukommen zu lassen.

Weil Du es angesprochen hast, ein Abriß über die Geschichte eines Vereine, und wenn es auch nur die letzten 100 Jahre umfaßt, wird anläßlich eines 400 jährigen Jubiläums sicher erlaubt sein, zumal ich mich dabei auf ein Buch beziehe, das mit Unterstützung bzw. auf Veranlassung des Vereines herausgegeben wurde.

Natürlich sind die Mitglieder der Gilde Kinder ihrer Zeit, aber wie es bei Kindern so ist, sie können sehr unterschiedlich sein. Zu Beginn der Zwanziger Jahren waren die Gildemitglieder ganz offenbar gegen die neue Demokratie eingestellt. Wie sonst ließe sich erklären, daß man unter den Fahnen der untergegangenen Monarchie und nicht unter der Fahne der neuen Demokratie marschieren wollte? Andere Kinder der Zeit traten für die Demokratie ein. 

Wenn sich 10 Jahre später viele Gildemitglieder der Gleichschaltung durch die NS-Diktatur widersetzen, dann doch vermutlich nicht, weil sie sich in kurzer Zeit zu glühenden Verfechtern der demokratischen Ordnung der Weimarer Republik entwickelt haben, sondern weil sie nach wie vor der monarchistischen Gesellschaftsordnung anhingen.
Immerhin, und das sage ich mit allem Respekt, waren die meisten Gildemitglieder offenbar so konservativ, daß sie keine glühenden Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie wurden.

Ich habe damit weder Dir noch irgendeinem anderen Gildemitglied – und einige kenne ich ja persönlich – vorgeworfen oder unterstellt, Nationalsozialist oder Monarchist zu sein oder entsprechenden Gedankengut nachzuhängen. Ich würde die Mitglieder der Gilde noch nicht einmal in die Nähe solchen Gedankengutes rücken. Aber das Festhalten daran, Frauen nicht als gleichberechtigte Mitglieder aufzunehmen, ist für mich heute so rückwärtsgewandt wie das Festhalten an der alten Reichsflagge in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Vor 400 Jahren – zu Zeiten der Gründung der Gilde – wurden Frauen noch als Hexen verbrannt. Gut 100 Jahre später endete die Zeit der Hexenverfolgung auf dem Gebiet des heutigen Deutschland. 
Es wäre aus meiner Sicht durchaus angebracht, nach über 100 Jahren Frauenwahlrecht den diskriminierenden Ausschluss von Frauen zu beenden.
Dabei möchte ich die beiden Umstände in ihrer Brutalität und Wirkung nicht gleichsetzen, es geht vielmehr um die Verdeutlichung, daß gesellschaftlicher Fortschritt oft eine lange Zeit brauchen, bis er überall ankommt.

Der Verweis auf reine Frauenvereine ist im übrige der untaugliche Versuch, vom eigentlichen Thema abzulenken. Diese Art der Argumentation bezeichnet man heute als Whatabourtism. Ich will da jetzt nicht weiter drauf eingehen.

Also, nichts für ungut, aber für mich ist Plön nicht Gilde und Gilde ist für mich auch nicht Plön und das bitte ich zu akzeptieren.