Notizen aus dem Hauptausschuss 2.0

Vorgestern habe ich bereits in den „Notizen aus dem Hauptausschuss“ über einige Tagesordnungspunkte berichtet und angekündigt, in einem späteren Beitrag etwas zu den übrigen Notizen zu schreiben.
Es geht um einen Zuschuss für die Feuerwehr, um den Jahresabschluss 2021 und die Patenschaft mit dem Max Planck Institut. 

Feuerwehr
Dann stand noch ein sehr schwieriges Thema auf der Tagesordnung. Der Zuschuss der Stadt für die 150 Jahr-Feier unserer Feuerwehr. 
Es ging dabei um drei Posten:
Erstens: einen Zuschuss von 2000,- € für die Festveranstaltung
Zweitens: einen Zuschuss von etwas über 11.000,- € für eine Feuerwehrchronik
Drittens: die Übernahme der Kosten für die Übernachtung der Gäste mit knapp 2.000,- €

Wir haben eine hoch motivierte und sehr gute freiwillige Feuerwehr. Uns allen liegt das Ehrenamt am Herzen. Daher fördern wir die Jugendarbeit in den Vereinen und kulturelle Veranstaltungen ebenso wie die DLRG im Rahmen unserer Möglichkeiten. Es ist auch völlig unstrittig, dass die Feuerwehr gut ausgerüstet werden muss, damit sie sicher in den Einsatz gehen kann und vor allem auch sicher aus dem Einsatz wieder zurück kommt. Das habe ich auch ausdrücklich in meinem Redebeitrag betont. So habe ich vor einigen Jahren dafür geworben, ein neues Fahrzeug für die Feuerwehr anzuschaffen und keinen guten Gebrauchten. Selbstverständlich habe ich auch für den Ausbau des Parkplatzes gestimmt, da hier eine erhebliche Unfallgefahr bestand. Letztendlich wurde der Ausbau jetzt beschlossen. Die Entscheidung hat auf sich warten lassen, aber immerhin, jetzt geht es weiter.

In Anbetracht der finanziellen Lage, in der sich die Stadt befindet, habe ich aber bei jeder Entscheidung auch das Geld im Blick. Damit bin ich im Hauptausschuss nicht alleine.
Plön ist eine Fehlbedarfsgemeinde. Die Einnahmen decken die Ausgaben nicht. Der Fehlbedarf wird teilweise vom Land übernommen. Wenn wir Geld für „freiwillige“ Ausgaben ausgeben, dann wird uns das von den Fehlbedarfszuweisungen abgezogen. Faktisch fehlt uns dann das doppelte der Summe im Haushalt, die Summe, die wir ausgeben und noch einmal die selbe Summe, die wir nicht vom Land bekommen.

Für die Mitglieder des Hauptausschusses war es unstrittig, dass die beantragten 2000,- € für die Festveranstaltung bewilligt werden.

Kontrovers wurde aber diskutiert, dass der Zuschuss in Höhe von 11.660,- Euro für die Erstellung der Chronik in vollem Umfang ausgezahlt werden soll. Dabei erläuterte Ratsfrau Bettina Hansen, dass vorgesehen ist, den ca. 100 Aktiven die Chronik zu überreichen und die verbleibenden ca. 400 Exemplare an die Nicht-Aktiven zu verkaufen. Ich habe dann angeregt, zumindest die Einnahmen aus dem Verkauf mit dem Zuschuss zu verrechnen. So ähnlich verfahren wir auch mit Zuschüssen für kulturelle Veranstaltungen. Nachdem eine Schussabrechnung vorgelegt wird, wird das Defizit ausgeglichen. Der Ausschuss hat dann in diesem Sinne entschieden.

Auf die Übernahme der Übernachtungskosten für die Gäste wurde kontrovers diskutiert. In meiner beruflichen Vergangenheit habe ich an verschiedenen Jubiläen teilgenommen, darunter an 100-jährigen Jubiläen von Ubootflottillen befreundeter Marinen. Ich kann mich aber an keinen Fall erinnern, bei dem die Gastgeber die Kosten für die Übernachtung übernommen hätten.
Da es sich hier um zwei Übernachtungen handelt, wurde diskutiert, ob die Stadt keine, eine oder beide Übernachtungen übernimmt. Zuerst wurde über beide Nächte abgestimmt, wofür sich auch eine Mehrheit gefunden hat. Ich hätte für die Kostenübernahme für eine Nacht gestimmt.

Es fiel mir schwer, hier für die Kürzungen der Anträge der Feuerwehr zu stimmen.
Zum einen kann es als Missachtung des Ehrenamtes ausgelegt werden, zum anderen gewinnt man damit auch sonst keinen Beliebtheitspreis. Allerdings muss man bei freiwilligen Ausgaben auch immer im Auge behalten, bei leeren Kassen verantwortungsvoll zu haushalten. Letztendlich ist auch zu beachten, dass die Ehrenamtlichen möglichst gleich behandelt werden.   

Jahresabschluss 2021
Der Jahresabschluss 2021 wurde von den Ratsherren Koll (CDU) und Landeschof (SPD) sowie der Ratsfrau Meyer (Bündnis 90/Die Grünen) geprüft. Der Fehlbedarf betrug 614.360,69 €. Ursprünglich war im Nachtragshaushalt ein Jahresfehlbedarf von 1.317.800,00 € eingeplant.
Die Abschlussverbesserung auf einen Fehlbedarf von nur noch 703.439,31 € ist dennoch kein Grund zum Jubeln.
Darüber hinaus musste der Ausschuss noch eine außerplanmäßige Auszahlung in Höhe von 3.967,88 € zur Kenntnis nehmen. 

Patenschaft mit dem Max Planck Institut
Die CDU hat einen Antrag gestellt, eine Patenschaft mit dem Max Planck Institut für Evolutionsbiologie in Plön einzugehen. Damit lief sie eine offene Tür ein.
Vorbild soll die Patenschaft zwischen Marineunteroffizierschule und der Stadt sein.
Ich kann den Antrag wirklich folgen. Das Max-Planck Institut hat sich mit dem Aufbau einer weiteren Abteilung eindeutig gegen Kiel und für Plön entschieden. Damit fiel eine wichtige Entscheidung für Plön als Wissenschaftsstandort. Das hiesige Max Planck Institut ist nicht nur deutschlandweit, sondern weltweit für seine Spitzenforschung bekannt. Leider wird es von den meisten Mitbürger*innen so gut wie gar nicht wahrgenommen. Auch die Wintervorträge des Instituts sind nicht immer so gut besucht, wie ich es mir wünschen würde. Besonders gut in Erinnerung habe ich den Vortrag über den Orientierungssinn von Zugvögeln, den Frau Prof Dr. Liedvogel vor einigen Jahren gehalten hat. Sie ist seit 2020 Professorin an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und als erste Frau in dieser Funktion auch Direktorin des Instituts für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“.
Da unsere Bürgermeisterin betonte, dass auch das Max Planck Institut großes Interesse an dieser Patenschaft hat, war die Zustimmung ein „Selbstgänger“. 

Z. tritici

Heute lief der letzte Wintervortrag im hiesigen Max-Planck Institut zum Thema: Entstehung von neuen Krankheiten im Agrar-Ökosystem. Vorgetragen hat Frau Prof. Dr. Eva Stukenbrock.

Ich wußte bereits, daß der Mensch eine ungeheure Anzahl von Mikroorganismen beherbergt. Das dies auch für Pflanzen zutrifft, ist zumindest mir relativ neu, auch wenn mir die Existenz symbiotischer Beziehungen durchaus bekannt war. Die Erforschung der Wechselwirkungen zwischen Pflanze und Mikroorganismen scheint noch in den Kinderschuhen zu stecken.

Besonders interessant fand ich die Ausführungen zu der Verbreitung der Blattdürre, einer Krankheit, die durch Pilze (Z. tritici / Zymoseptoria tritici) ausgelöst wird und besonders Weizen befällt. Der Weizen wurde vor 10 bis 12.000 Jahren im „fruchtbaren Halbmond“ (Jordan, Euphrat und Tigris-Gebiet kultiviert. Seit ca. 11.000 Jahren wird er durch die Pilzkrankheit befallen. Anhand genetischer Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, daß sich die Pilze aus dem Bereich des heutigen Israel und Iran kommend zuerst nach China und Mitteleuropa verbreitet haben. Von Europa aus sprang die Krankheit dann nach Nord- und Südamerika, Südafrika und Australien über.

Der Pilz dringt durch den Spaltapperat des Blattes in die Wirtspflanze ein. Über die Ausschüttung von Proteinen manipuliert er das Immunsystem seines Wirtes und breitet sich aus. Seine Nahrung bezieht er aus Zellen, die er zum Absterben bringt. Der Pilz bildet dann innerhalb der Blätter Sporen, die für eine weitere Verbreitung der Krankheit sorgen.

Die durch die agrarwirtschaftliche Umgebung bestimmte Umwelt sorgt für eine Vielzahl genetisch identischer Wirtspflanzen sowie für deren homogene zeitliche und räumliche Verteilung. (Eine feine Umschreibung für Monokulturen.) Das begünstigt die Ausbreitung der Pilzerkrankung.

Der Z. tritici konnte mittlerweile eine Resistenz gegen Pflanzenschutzmittel entwickeln, in diesem Fall gegen Fungizide. Der Pilz hat 21 Chromosomen, davon 13, die als essential und 8, die als dispensable bezeichnet werden. Soweit ich es verstanden habe, wird die Anpassung des Pilzes an die Fungizide durch eine Veränderung im Bereich der Chromosomen vermutet, die als dispensable bezeichnet werden.

Die Apfelsine ist ein Bastard

Mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie gibt es eine in Plön wenig beachtete Forschungseinrichtung, die weit über Plön hinaus einen hervorragenden Ruf in der  Wissenschaftswelt genießt.

Um die Forschungsanstalt und ihre Aktivitäten der einheimischen Öffentlichkeit näher zu bringen,  wird über Winter eine Vortragsreihe veranstaltet. Der heutige Vortrag von Herrn Dr. Arne Nolte zum Thema „Hybride in der Natur – Sonderlinge oder Wunderkinder“ war mit ca. 70 Gästen gut besucht.

Weitere Vorträge folgen am 1. Dezember, 5. Januar 2015 und 2. Februar 2015, jeweils um 1900 im Hörsaal des MPI.

Hybrid steht in der Biologie für Kreuzung, Mischling oder Bastard. Was mir völlig unbekannt war ist, daß die Apfelsine ein Hybrid aus Pampelmuse und Mandarine ist.

Zu Beginn des Vortrages wurde die den meisten Zuhörerinnen und Zuhörern wahrscheinlich geläufigen Definition der Art als „Eine Gruppe Organismen, die sich von allen anderen Gruppen von Organismen unterscheiden und sich untereinander fortpflanzen und fruchtbaren Nachwuchs erzeugen können.“ relativiert. Unterschiedliche Arten wie Tiger und Löwe können sich paaren und bekommen zeugungsfähigen Nachwuchs. Wer es nicht glaubt, sollte einfach mal bei Google Bildersuche „Liger“ eingeben. (Ich hab es getan.)

Nicht so farbig wie die Apfelsine und weniger spektakulär wie der Liger ist die Groppe, ein kleiner auf dem Grund von Flüssen und Bächen lebender Fisch. In Europa gibt es zwei Arten von Groppen. Eine Art kommt in Großbritannien und im Flußsystem der Schelde vor, die andere Art im Flußsystem des Rheines. Beide Arten bevorzugen kleine Fließgewässer, Bäche mit Kies und steinigem Grund.

Vor ca. 200 Jahren wurden die Flußsysteme von Rhein und Schelde über zahlreiche Kanäle miteinander verbunden. Man nimmt an, daß die beiden Groppenarten über die neu geschaffenen künstlichen Wasserstraßen in Kontakt miteinander gekommen sind und sich gekreuzt haben. Der Nachwuchs wurde im Vortrag als „Invasive Groppe“ bezeichnet. Anfang der 80ger Jahre wurden erste Bestände der Invasiven Groppe im Rhein festgestellt. Anders als die beiden bis dahin bekannten Arten, die schnell fließende Bäche bevorzugten,  siedelten die Invasiven Groppen in den langsam strömenden Flüssen und breiteten sich vom Rhein aus auch in den Nebenflüssen, etwa der Sieg oder der Mosel aus.
Die Befürchtung, daß die „Flußgroppen“ die „Bachgroppen“ verdrängen würden, bestätigte sich nicht. Untersuchungen des Erbgutes haben gezeigt, daß es lediglich im Mündungsbereich zu einer Vermischung des unterschiedlichen Erbgutes kommt, bereits nach kurzer Distanz vom Mündungsbereich gibt es deutlich erkennbare Unterschiede im Erbgut. Die Bachgroppe bleibt im Bach, die Flußgroppe bleibt im Fluß.
Die Aufzeichnung der Wassertemperaturen der Sieg und der Bröl, einem Nebenfluß der Sieg, hat gezeigt, daß die Wassertemperatur in den Nebenflüssen etwas niedriger liegt als im Fluß selber. Die Temperatur ist für wechselwarme Tiere wie Fische ein ganz entscheidender Faktor, so daß die Vermutung nahe liegt, daß genetischen Unterschiede und die Wassertemperatur in einer Wechselbeziehung stehen.
Weitere Forschungsergebnisse bleiben abzuwarten.
Interessant war auch zu erfahren, daß die Flußgroppe im Rhein durch mehrere Grundelarten verdrängt wird, die über den Rhein-Main-Donaukanal in das Flußsystem des Rheines einwandern. So sollen – zum Ärger der Sportfischer – bei Köln ca. 80% der Biomasse von Fisch bereits aus Grundeln bestehen. Soweit ich es verstanden habe, entwickelt sich der Bestand an Grundeln besonders gut im wärmeren Wasser, (Kühlwasseraustritte von Kernkraftwerken und Industriebetrieben), so daß die Flugroppen in den Nebenflüssen des Rheines wie etwa der Mosel oder Sieg weiterhin vorkommen.

Hybridisierung ist aber auch in unseren Gewässern nicht unüblich. Hybride zwischen Brassen und Rotaugen sollen häufiger vorkommen als gedacht. Den Namen „Leiter“ für diese Fische habe ich vorher auch noch nie gehört.

Um mit Paul Senkblei zu fragen: Was lernt uns das? Es gibt Dinge auf dieser Welt, die man bei Google noch nicht findet.

Safe the Date, die nächsten Vorträge:
1. Dez 14, Dr. Lutz Becks, Warum gibt es eigentlich Männer?
5. Jan 15, Dr. Tobias Lenz, Die fantastische Anpassungsfähigkeit unseres Immunsystems
2. Feb 15, Prof. Dr. Bernhard Haubold, Wie liest man das menschliche Genom?
Jeweils um 1900 im Hörsaal des MPI.