Rekordverdächtige Ratsversammlung

Gestern, am Mittwoch, tagte die Ratsversammlung in der Aula am Schiffsthal in rekordverdächtiger Zeit.

Mit der Entscheidung über den Wegenutzungsvertrag für Strom und Gas stand eine wichtige, aber wenig beachtete Entscheidung auf der Tagesordnung, die allerdings im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung getroffen wurde. Daher kann ich über diesen Tagesordnungspunkt leider nichts berichten. Letztendlich hat die Entscheidung darüber, ob die Vergabe der Konzessionen für Strom und Gas an die Stadtwerke oder an die konkurrierende NetzAG erfolgen sollte, in den Jahren 2011/2012 zu hitzigen Debatten und Zerwürfnissen geführt. Letztendlich traten Verwaltung und Selbstverwaltung mit eigenen Anwälten gegeneinander an.
Die NetzAG hat die Netze trotz der Entscheidung der Ratsversammlung zu Gunsten der Stadtwerke nicht übergeben und den Rechtsweg beschritten. Eine Klage der Stadtwerke auf Herausgabe der Netze wurde seinerzeit – so zumindest meine Vermutung, der Verwaltungsrat tagt ja nicht-öffentlich und ich war damals kein Mitglied – von der Politik ausgebremst.
Sofern die Entscheidung für eine Aufhebung der geschlossenen Verträge gefallen ist, wäre eine neue Ausschreibung fällig. Damit wäre auch der Stillstand im juristischen Verfahren beendet.

Ein weiteres diskutiertes Thema waren der Antrag der Fraktion „Die Linke“, Plön zu einem „Sicheren Hafen“ zu erklären:
“1. Die Stadt Plön verurteilt jede Kriminalisierung der Seenotrettung
2. Die Ratsversammlung erklärt die Stadt Plön zu einem sicheren Hafen und nimmt freiwillig aus Seenot gerettete Geflüchtete auf. Er schließt sich der Initiative vieler Städte, Kreise und Bundesländer in Deutschland und Europa an.
3. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, alle nötigen Vorkehrungen für die Aufnahme, Unterbringung und den Aufenthalt sichernde Maßnahmen zu treffen.”

Der Fraktionsvorsitzende wurde gefragt, ob er den Antrag erst zur Beratung in den zuständigen Ausschuß geben wolle, da mehrere Parteien offenbar Schwierigkeiten mit der Behandlung des Antrages ohne vorherige Beratung hätten. Herr Schröder wies den Vorschlag zurück und betonte, er hätte den Antrag ganz bewußt ohne den Vorlauf über den Ausschuß für gesellschaftliche Angelegenheiten in die Ratsversammlung gebracht.
Über den Antrag entbrannte dann erwartungsgemäß eine Debatte. Grundsätzlich konnten alle dem Punkt 1 zustimmen, zumindest hat niemand widersprochen.

Frau Dr. Unbehau (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich in ihrem kurzen Beitrag sehr leidenschaftlich für die humanitäre Hilfe aus. Menschen in Seenot nicht zu helfen wäre unmenschlich und herzlos.

Herr Meusser von der FDP betonte, der „Gesinnungsethik“ der Fraktion „Die Linke“ die Verantwortungsethik der „FDP“ entgegenzusetzen. Auch er wandte sich ganz eindeutig gegen eine Kriminalisierung der Seenotrettung, betonte aber auch, daß die Erklärung von sicheren Häfen erst den Anreiz für Menschen schaffen würde, sich auf die gefährliche Reise zu machen und sich in Situationen zu begeben, aus denen sie dann gerettet werden müßten. Der Bund und die EU hätten die Pflicht, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und Wege für eine legale und gesteuerte Zuwanderung zu schaffen. (Zu den Begriffen Verantwortungs- und Gesinnungsethik habe ich einen eigenen Beitrag geschrieben: 
http://www.ingo-buth.de/2019/02/28/gesinnungsethik-als-schimpfwort-missbraucht/)

Ganz ähnlich äußerte sich auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, Thorsten Roth. Auch er betonte die Verantwortung von EU und Bund für die Themenbereiche Asyl und Zuwanderung. Darüberhinaus führte er aus, daß die Stadt Plön bei der Aufnahme und Betreuung der Geflüchteten sehr gute Arbeit geleistet hat und nach wie vor leistet. Um die Konsequenzen eines solchen Beschlusses abschätzen zu können sprach er sich dafür aus, den Antrag in den zuständigen Ausschuß zu überweisen. Diesem Antrag wurde mit großer Mehrheit gefolgt. Hier wird dann sicher auch über die personellen und finanziellen Folgen eines solchen Beschlusses und über eine mögliche zahlenmäßige Begrenzung zu reden sein.

Die Anregungen von Herrn Dr. Fehlberg zum Bauvorhaben in der Krabbe 2-3 standen auf der Tagesordnung. Sie wurden zur Kenntnis genommen, allerdings wurde beschlossen, sie nicht weiter zu verfolgen. Hier ging es um die Forderung, einen Bebauungsplan aufzustellen. Diese Option wurde in den vergangenen Sitzungen des Ausschusses für Stadtentwicklung und Planungen durchaus beraten, aber verworfen. Statt dessen hat der Ausschuß sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, das städtische Einvernehmen zu der vorgelegten Bauvoranfrage zu erteilen, weil es sich nach mehrheitlicher Auffassung des Ausschusses in die Umgebung einfügt. Letztendlich liegt die Entscheidung darüber bei der Bauaufsicht des Kreises.
Ich habe mich enthalten, weil ich die Bewertung nachvollziehen kann, aber nicht uneingeschränkt teile. Nach meiner Einschätzung ist der jetzige Weg zulässig, ein Bebauungsplan für den gesamten Bereich wäre allerdings besser gewesen. Eine zwingende Notwendigkeit für einen Bebauungsplan bestand aber aus meiner Sicht nicht.

Ebenfalls enthalten habe ich mich bei der Entscheidung über die neue Organisationsstruktur der Verwaltung. Die entsprechende Vorbesprechung dazu fand im Ältestenrat statt und nicht – so zumindest meine Auffassung – im zuständigen Hauptausschuß. Nun war ich zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung im Urlaub, wurde vertreten und die Fraktionsvorsitzenden als Teilnehmer*innen im Ältestenrat waren informiert. Dazu kommt, daß ich die Umstrukturierung für ausgesprochen sinnvoll halte, auch wenn eine vierte Fachbereichsleitungsstelle eingerichtet wird. Nur dagegen zu stimmen, weil das Verfahren aus meiner Sicht nicht optimal gelaufen ist, wäre nicht sachgerecht gewesen.

Zu Wort gemeldet habe ich mich auch zu Tagesordnungspunkt 9. Hier sollten wir einer Satzungsänderung zustimmen, die erst am Folgetag auf der Sitzung des Verwaltungsrates der Stadtwerke getroffen wird. Auf meine Anregung wurde ein Vorratsbeschluß getroffen. Wenn der Beschluß des Verwaltungsrates so sie vorgelegt morgen angenommen wird, dann ist damit auch die Zustimmung der Ratsversammlung verbunden.

Hauptausschuß am letzen Montag

Am 29. Mai tagte der Hauptausschuß der Stadt Plön. Hervorzuheben sind hier die Berichte des Herrn Bürgermeister und der Stadtwerke AöR.

1. Die Verträge mit der Deutschen Glasfaser sind gekündigt.
Anmerkung: Damit ist eine flächendeckende Anbindung der Haushalte an das Glasfasernetz (Fiber to the Home, also Glasfaser in die Wohnung) erst einmal vom Tisch. Nach dem die TELECOM die örtlichen Netze – auch ohne finanzielle Unterstützung durch die Stadt – ertüchtigt hat, ist jetzt fast im gesamten Stadtgebiet eine Internetanbindung mit hoher Datenübertragungsrate im Download verfügbar.

2. Im Bezug auf die Wegenutzungsverträge (Vergabe der Konzessionen für Strom und Gas an die Stadtwerke GmbH) werden die Unterlagen durch den Herrn Bürgermeister neu gesichtet und bewertet. Zudem werden weitere Gespräche geführt. Ein Entscheidungsvorschlag wird in absehbarer Zeit erarbeitet.
Anmerkung: Ich wage keine Prognose zum Ergebnis des Abwägungsvorganges, gehe aber davon aus, daß wir uns nach Vorliegen des Vorschlages in der Ratsversammlung damit befassen werden.

3. Bauvorhaben Steinbergweg. Die Ausschreibung ist erfolgt, sechs Angebote sind eingegangen. Die Kosten gem. der entsprechenden Angebote liegen zwischen 1,6 und 2,2 Millionen Euro. Die Finanzierung kann durch Umschichtungen im Haushalt gewährleistet werden. Auf Nachfrage von Bündnis 90/Die Grünen wurde bestätigt, daß dies nicht zu Lasten der Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED gehen wird. Die Umrüstung der großen Kreuzungen soll noch in diesem Jahr abgeschlossen sein.

4. Der Quartaalsbericht der Stadtwerke AöR enthielt keine unangenehmen Zahlen. Die Entwicklung liegt im Rahmen der Planung.

Keine Anteile an der SH-Netz-AG

Im Hauptausschuß wurde gestern über den ursprünglich von der CDU initiierten Antrag  abgestimmt, Anteile an der Schleswig-Holstein Netz AG (SH-Netz-AG) zu erwerben.

Ich hatte mich in meinem Redebeitrag in der Ratsversammlug der letzen Woche schon kritisch dazu geäußert, weil ich in dem Erwerb den Versuch gesehen habe, bei einem weiteren Vergabeverfahren für die Strom- und Gasnetze eine Vorentscheidung zu Gunsten der SH-Netz-AG zu treffen.

Im ersten Moment scheint der Erwerb von Anteilen ein sinnvolles Anliegen zu sein. Durch die Beteiligung ließe sich für fünf Jahre ein garantierter Zinssatz von fünf Prozent realisieren. Selbst wenn die Finanzierung mit Krediten erfolgen müßte, wäre der Erwerb bei dem derzeit niedrigen Zinssatz (deutlich unter fünf Prozent) ein rentables Geschäft. Nach fünf Jahren können die Anteile weiter gehalten oder zum Ausgabepreis zurückgegeben werden.

Der Hauptausschuß hat in einer seiner letzten Sitzungen beschlossen, von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen und die Vergabe der Wegenutzungsrechte für Gas und Strom an die Stadtwerke GmbH im Jahr 2019 auslaufen zu lassen. Ziel ist es, eine erneute  Ausschreibung durchzuführen. Mögliche Bewerber könnten die Stadtwerke GmbH sowie die SH-Netz-AG sein.

Nach meiner Auffassung ist das Angebot der SH-Netz-AG der Versuch, die Argumentation vieler Stadtwerke auszuhebeln, die damit werben, die Entscheidungsgewalt über die Netze in kommunaler Hand vor Ort zu behalten und die Gewinne in die Gemeindekasse fließen zu lassen. Die Beteiligung läßt eine Art Mitsprache vermuten, die Verzinsung des eingesetzten Kapitals ist verlockend. Man könnte andererseits auch argumentieren, dass man die Vorteile der Stadtwerke realisiert, ohne deren Risiken tragen zu müssen.

Der Erwerb von Anteilen ist allerdings an die vertragliche Vergabe der Konzessionen für Gas- und Stromnetze an die SH-Netz-AG gebunden. Da dies nicht der Fall ist, wurde die Option in der Vorlage der Verwaltung verworfen. Der Hauptausschuß folgte dem Beschlußvorschlag der Verwaltung.

Stadtwerke in der Diskussion

Die Stadtwerke bestehen aus zwei Teilen, der Anstalt öffentlichen Rechtes (AöR) und der Stadtwerke GmbH. Die GmbH vertreibt u.a. Strom und Gas und hat ihre Geschäftsstelle in der Lübecker Straße, sie ist eine Tochter der Stadtwerke Eutin und der Stadtwerke Plön AöR), die mit jeweils 50% an der GmbH beteiligt sind. Die Stadtwerke AöR ist u.a. für den Bauhof zuständig.

Die Geschäftsleitung der Stadtwerke AöR wird von einem Verwaltungsrat kontrolliert und gesteuert. Der Verwaltungsrat besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Plöner Fraktionen, wobei Bürgermeister Paustian auf einem Platz sitzt, der ihm von der SPD überlassen wurde.

Nun stellte die SPD in der letzten Sitzung der Ratsversammlung einen Antrag, in dem sich die Fraktionen zur Weiterentwicklung und Ausweitung des Geschäftsbereiches der Stadtwerke AöR und zu einer verstärkten interkommunalen Zusammenarbeit bekennen sollten. Dieser Antrag fand keine uneingeschränkte Unterstützung, weil einige Kolleginnen und Kollegen das für selbstverständlich hielten, andere verstanden den Antrag als Mißtrauensbekundung. Ratsherr Weber (Bündnis 90 / Die Grünen) führte am Beispiel der Entscheidung zur Vergabe der Glasfaserversorgung zutreffend aus, dass es vor dieser Entscheidung 1 1/2 – jährigen Vorlauf gegeben habe. Zu dem Thema sei ein Gutachten angefertigt worden.
Die Stadtwerke hätten einen Investitionsbedarf von bis zu 10 Mio. Euro für die Breitbandversorgung ausgeben müssen, es hätte bis zu 20 Jahre gedauert, bis sich die Investition amortisiert, vorausgesetzt, eine 60%ige Anschlußquote wäre erreicht worden. Ob diese Quote erreichbar gewesen wäre, wurde in Frage gestellt. Daher sei die Entscheidung zu Gunsten der Deutschen Glasfaser getroffen worden, die die Versorgung mit Glasfaser auf eigene Kosten realisieren will, sofern eine Anschlußquote von 40% erreicht wird.
Weiterhin ging er an die Vergabe der Wassernetze an die Holstein Wasser ein. Hier sei die Übernahme der Netze an die Stadtwerke nicht erfolgt, da der Preis strittig war. Dafür würde der Versorger nach langen Verhandlungen jetzt eine Konzessionsabgabe zahlen.
Er faßte zusammen, daß das Mantra der SPD die Rekommunalisierung sei, und zwar um jeden Preis, die übrigen Fraktionen wären für Rekommunalisierung, aber nur, wenn es sich auch rechnet.

Weitere Info zum Verlauf der Diskussion in der Lokalpresse:
http://www.shz.de/lokales/ostholsteiner-anzeiger/feilen-an-zukunft-der-stadtwerke-id15553421.html

Der Verwaltungsrat tagt in nicht-öffentlicher Sitzung, da hier Geschäftsgeheimnisse mit behandelt werden. In meinem Wortbeitrag bemerkte ich, dass die Themen, die im Verwaltungsrat diskutiert werden, zu den am besten gehüteten Geheimnissen in Plön gehören würde und man selbst als interessierter Ratsherr nur darüber spekulieren könne, solange man nicht selber im Verwaltugsrat sitzen würde. Daher bliebe mir nur übrig, zu spekulieren.
So mutmaßte ich weiter, dass ich mir den Verzicht der Stadtwerke, sich an der Ausschreibung des Glasfasernetzes zu beteiligen, nur so erklären könne:
Entweder hat die Geschäftsführung in Verbindung mit dem Verwaltungsrat die Beteiligung an der Ausschreibung verpennt
oder der Verwaltungsrat hat die Geschäftsführung daran gehindert, sich an der Ausschreibung zu beteiligen.
Andere Erklärungsansätze kann ich im Moment nicht erkennen.
Diese Aussage wurde von niemandem kommentiert, aber kein Kommentar ist irgendwie auch eine Aussage.

Stadtwerke sind kein wirtschaftlicher Selbstgänger, Geld wird mit Netzen verdient, so ein fachkundiger Bankmitarbeiter aus Hamburg, mit dem ich mich lange allgemein zu dem Thema Stadtwerke unterhalten habe. Von daher kann ich natürlich verstehen, daß die bisherigen Netzbetreiber die Netze auf jeden Fall behalten wollen und eine Übergabe mit allen – auch juristischen – Mitteln verhindern wollen. Die Frage, was die AöR bisher getan hat, um die Herausgabe der Netze zu erwirken, darf gerne gestellt werden, ebenso die Frage, in wie weit der Verwaltungsrat die Geschäftsführung hier unterstützt hat. Aus den Ausführungen von Ratsherrn Weber war zu entnehmen, dass der Verwaltungsrat beim Wassernetz vor dem Klagerisiko zurückgeschreckt ist. Das Kostenrisiko eines Prozesses wurde mit 1,8 Mion angegeben.

Die Vergabe der Wegenutzungsrechte für Strom und Gas an die Stadtwerke wurde in der vergangenen Legislaturperiode mit knapper Mehrheit gegen die große Mehrheit der Stimmen der CDU-Fraktion getroffen. Eine Übergabe der Netze ist nach meinem Kenntnisstand bis Heute strittig.
In dem Zusammenkang sehe ich den Tagesordnungspunkt 8 der Sitzung des Hauptausschusses am 19. Dezember 2016. Er lautet: „Erwerb von Beteiligungen an der SH – Netz AG.“ Leider gibt es zu dem Thema im Ratsinformationssystem noch keine Vorlage, die eingesehen werden könnte. Für mich sieht es aber so aus, als wenn die damalige Entscheidung durch die Hintertür wieder einkassiert werden soll. Mit dem Erwerb von Beteiligungen an der SH – Netz AG würde nach meiner Auffassung auch eine Vorfestlegung auf einen Anbieter erfolgen, sofern die derzeitige Beschlußlage ausgehebelt wird und eine neue Ausschreibung erfolgt.